Rz. 116
Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht und das Wettbewerbsverbot haben auf internationaler Ebene besondere Bedeutung gewonnen. Dabei ist im Einzelfall zu klären, nach welcher nationalen Rechtsordnung solche Konfliktfälle zu lösen sind. Im Fall "Lopez" (General Motors./.Volkswagen AG) klagte General Motors zunächst in Deutschland mit dem Versuch, gegen VW ein Beschäftigungsverbot für die übergewechselten Mitarbeiter durchzusetzen (vgl. zu diesem Rechtsstreit OLG Frankfurt am Main v.16.12.1993 – 6 U 190/93, BB 1994, 376; LG Frankfurt am Main v. 2.2.1994 – 2/6 O 298/93, ZIP 1994, 209).
Rz. 117
Eine im Ausland nach ausländischem Recht abgeschlossene Wettbewerbsvereinbarung wird man im Streitfall auch dann nur nach ausländischem Recht zu beurteilen haben, wenn der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot im Inland begangen wird. Dasselbe gilt für die Frage, ob der konkurrierende Arbeitnehmer während seines bisherigen Arbeitsvertrages im Ausland dort einem Wettbewerbsverbot unterlag, wie es in Deutschland § 60 HGB festlegt.
Rz. 118
Dagegen richtet sich die Frage, ob ein geschädigtes ausländisches Unternehmen oder ein deutsches Unternehmen, dessen ehemaliger Arbeitnehmer ins Ausland verzogen ist, vor den hiesigen Arbeitsgerichten klagen kann, danach, ob der betreffende Arbeitnehmer hier seinen Wohnsitz hat. Darüber hinaus stellt ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot unter Umständen auch eine unerlaubte Handlung (Delikt) dar. Dann kann nach der deutschen Prozessordnung auch am Ort des Delikts, also in Deutschland, geklagt werden (§ 32 ZPO). Schließlich wäre zu überlegen, ob Deutschland auch als Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) in Betracht kommt (näher Diller/Wilske, DB 2007, 1866 ff.).
Rz. 119
Früher galt in Deutschland eine Sondervorschrift (§ 75b HGB a.F.), wonach bei Arbeitsverhältnissen für eine Tätigkeit außerhalb Europas die Verbindlichkeit des Wettbewerbsverbotes nicht von der Verpflichtung des Arbeitgebers abhängen sollte, die sonst zwingend vorgeschriebene Entschädigung zu zahlen. Diese Norm wurde vom BAG später für verfassungswidrig erklärt (v. 16.10.1980 – 3 AZR 202/79, AP § 75b HGB Nr. 15) und inzwischen vom Gesetzgeber aufgehoben. Historische Argumente, die alte Vorschrift diene der Förderung der Exportwirtschaft und der Konkurrenzfähigkeit deutscher Angestellter im außereuropäischen Ausland, wurden vom BAG nicht anerkannt. Vorrangig sei die von der Verfassung geschützte Freiheit aller deutschen Staatsbürger, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsbetrieb frei zu wählen (Art. 12 GG).
Rz. 120
Ein weiterer Aspekt transnationaler Sachverhalte ist die Vereinbarkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes mit der EG-rechtlichen Arbeitnehmerfreizügigkeit. Zwar liegt insoweit eine allgemeine Beschränkung des freien Zuganges zum Arbeitsmarkt vor, diese kann jedoch gerechtfertigt werden, sofern das geschäftliche Interesse des Unternehmens auch als zwingendes Interesse anerkannt werden kann und das nachvertragliche Wettbewerbsverbot verhältnismäßig ist (so Koenig/Steiner, NJW 2002, 3583 ff.).