Martin Schafhausen, Christel von der Decken
Rz. 39
Im sozialgerichtlichen Verfahren 1. Instanz können nachfolgende Gebühren entstehen: Eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 RVG-VV, eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 RVG-VV sowie eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr. 1000,1002,1006 RVG-VV zuzüglich Auslagen nach Nr. 7000 ff. RVG-VV und Umsatzsteuer nach Nr. 7008 RVG-VV. War der Rechtsanwalt im Widerspruchsverfahren tätig, so ist nach Vorbem. 3 Abs. 4 RVG-VV die Hälfte der Geschäftsgebühr, nicht aber mehr als 207 EUR, auf die nachfolgende Verfahrensgebühr anzurechnen. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 RVG-VV kann für die Vertretung in einem gerichtlichen Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder für die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder bei einer Mitwirkung an einer auf die Vermeidung oder die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts geltend gemacht werden. Die Gebühr entsteht nach Anm. S. 1 zu Nr. 3106 RVG-VV auch in Verfahren, in denen eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, wenn im Einverständnis der Parteien aber ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, in einem solchen Verfahren mit oder ohne Mitwirkung des Gerichts ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird oder das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Die Terminsgebühr entsteht auch, wenn nach § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden wird, aber nur dann, wenn eine mündliche Verhandlung beantragt werden könnte oder wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet (fiktive Terminsgebühr). Nach Anm. S. 2 zu Nr. 3106 RVG-VV beträgt die fiktive Terminsgebühr 90 % der in derselben Angelegenheit dem Rechtsanwalt zustehenden Verfahrensgebühr ohne Berücksichtigung einer Erhöhung nach Nr. 1008 RVG-VV.
Entscheidet das Gericht im Urteil nach § 193 SGG, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, so ist gegen diese Kostengrundentscheidung die Beschwerde nach § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG ausgeschlossen. Endet der Rechtsstreit nicht durch Urteil, so entscheidet das Gericht auf Antrag eines der Beteiligten durch Beschluss nach §§ 193 Abs. 1 S. 3, 102 S. 3 SGG über die Kosten. Die Höhe der Kosten wird nach § 197 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 103 ff. ZPO durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle auf Antrag festgesetzt. Die Sozialgerichte haben auf Antrag festzustellen, dass der festgesetzte Betrag ab Antragstellung mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen ist (§ 202 SGG i.V.m. § 104 ZPO). Gegen die Kostenfestsetzung kann nach § 197 Abs. 2 SGG binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden.
Nicht im Kostenfestsetzungsantrag erscheinen Gerichtskosten, soweit die Verfahren vor der Sozialgerichtsbarkeit gerichtskostenfrei sind (§ 183 SGG). Auch die Kosten für von Amts wegen nach §§ 103, 106 SGG eingeholte Gutachten und für sonstige Beweisaufnahmen werden von der Staatskasse getragen, anders nur bei Gutachten nach § 109 SGG. Wenn aber das auf Antrag und Kosten des Klägers eingeholte Gutachten den Rechtsstreit gefördert hat, kann das Gericht die Übernahme der Kosten durch die Staatskasse beschließen. Die Übernahme dieser Kosten muss gesondert beantragt werden (zum Kostenfestsetzungsantrag gehört dieser Antrag formell nicht, da ja die Kosten nicht dem Gegner auferlegt werden sollen). Im Rahmen der Prozesskostenhilfe sind Gutachtenskosten nach § 109 SGG nicht erstattungsfähig.
Nach § 192 Abs. 1 SGG kann das Gericht so genannte Mutwillenskosten den Beteiligten auferlegen bei schuldhafter Vertagung oder bei missbräuchlicher Fortführung des Rechtsstreites oder bei Unterlassung von notwendigen Ermittlungen durch die Behörde. Mutwillenskosten wegen einer Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung können erst dann auferlegt werden, wenn dem Beteiligten zuvor vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Die Entscheidung über die Mutwillenskosten bedarf einer gesonderten Begründung und kann nach § 192 Abs. 3 S. 2 SGG nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.
Rz. 40
Die Übernahme der Rechtsanwaltskosten (und etwaiger Gutachtenskosten nach § 109 SGG) durch die Familienrechtsschutzversicherung ist für das Sozialgerichtsverfahren möglich, im Regelfall aber nicht für die Beratung und Vertretung im Verwaltungsverfahren. Nur bei wenigen Rechtsschutzversicherungen gehört die Übernahme der Kosten im Widerspruchsverfahren zum Leistungsumfang; die Versicherungsbedingungen sind sorgfältig zu überprüfen.
Beratungshilfe kann auch für eine sozialrechtliche Beratung und die außergerichtliche Vertretung gewährt werden. Die Beratungsgebühr beträgt für einen mündlichen oder schriftlichen Rat nach Nr. 2501 RVG-VV 38,50 EUR. Geht die Tätigkeit...