Rz. 306

Dem Arbeitgeber obliegt im Kündigungsschutzprozess die volle Darlegungs- und Beweislast für die der Kündigung vorausgegangene Abmahnung.[509] Denn gem. § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG hat der Arbeitgeber die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen. Dazu gehören auch die formalen und inhaltlichen Voraussetzungen der Abmahnung wie oben dargestellt (siehe Rdn 294 ff.). Das gilt nach der Rechtsprechung des BAG auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer die Abmahnung widerspruchslos hingenommen hat, insbesondere nicht mit der Klage angegriffen hat und erst im Kündigungsrechtsstreit die Richtigkeit der abgemahnten Pflichtwidrigkeiten bestreitet.[510]

Das BAG hat einen prozessualen Rechtsmissbrauch des Arbeitnehmers verneint und Beweiserleichterungen für den Arbeitgeber abgelehnt. Deshalb ist für den Arbeitgeber das Sammeln und Sichern von Beweismitteln dringend anzuraten; auch vorbereitend für den Fall, dass der Arbeitnehmer die Abmahnung mit einer Klage angreift.

 

Rz. 307

Das Nachschieben von Abmahngründen im Kündigungsrechtsstreit ist nach herrschender Auffassung unzulässig.[511] Dies folgt zwingend aus dem oben dargestellten Zweck der Abmahnung. Ihre Rüge- und Warnfunktion kann nicht "nachgeholt" werden. Ggf. müssen weitere Pflichtverstöße zum Gegenstand einer erneuten Abmahnung gemacht werden.

[509] Zu prozessualen Fragen der Abmahnung vgl. auch BAG 19.7.2012 – 2 AZR 782/11.
[510] BAG 13.3.1987, DB 1987, 1494, 1495.
[511] LAG Köln 28.3.1988, DB 1988, 1170; Hunold, BB 1986, 2050, 2051; Tschöpe, NZA 1990, 10, 13.

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