Rz. 179

Ob zur Ermittlung der Kriterien der Sozialauswahl, somit auch der Unterhaltspflichten, der Arbeitgeber Erkundigungen anstellen muss oder sich auf die Angaben auf Lohnsteuerkarte verlassen darf, ist streitig.

Da § 1 Abs. 3 KSchG erfordert, dass der Arbeitgeber die genannten Kriterien der Sozialauswahl zugrunde legt und es z.B. auch auf die Höhe der Unterhaltsleistungen ankommt, geht ein Teil der Literatur zutreffend davon aus, dass der Arbeitgeber selbst Erkundigungen anstellen muss, z.B. durch die Vergabe eines mit dem Betriebsrat entwickelten Personalfragebogens.[319]

Der Arbeitgeber soll sich nicht nur bei Anhaltspunkten zu Zweifeln zu den in der Lohnsteuerkarte oder Personalakte enthaltenen Daten auf eine Erkundigung bzw. Befragung beschränken können.[320]

 

Rz. 180

Die gegenteilige Ansicht des BAG überzeugt bereits nicht, weil das BAG selbst festgestellt hat, dass die Angaben auf der Lohnsteuerkarte nur begrenzt etwas über das Bestehen dieser familienrechtlichen Verhältnisse aussagen. Konsequent hat es daher auf die tatsächlichen Verhältnisse abgestellt. Da der Arbeitgeber hier zur Sozialauswahl verpflichtet ist, muss dies auch die Erfassung der Daten umfassen, die dazu erforderlich sind. Dies betrifft auch Fragen zu einer etwaigen Schwerbehinderung oder Gleichstellung, zu der der Arbeitgeber nach Ablauf der Frist des § 90 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX die Arbeitnehmer auch befragen darf.[321] Dieses Fragerecht werde dem Arbeitgeber eingeräumt, um ihm ein rechtstreues Verhalten zu ermöglichen. Insbesondere im Vorfeld einer beabsichtigten Kündigung zeige der Arbeitgeber mit dieser Frage, dass er seine zum Schutz des Schwerbehinderten bei einer Kündigung bestehenden Pflichten nach § 1 Abs. 3 KSchG und § 85 SGB IX erfüllen wolle.[322] Gleiches kann nur hinsichtlich aller weiteren Kriterien des § 1 Abs. 3 KSchG gelten, die er aus diesem Anlass auch abfragen kann.

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