1. Veränderung mit erheblichem Nachteil ohne Zustimmung der betroffenen Wohnungseigentümer
a) Rückbauansprüche
Rz. 26
Wird eine bauliche Veränderung ohne die nunmehr vorgeschriebene Gestattung durchgeführt, ändert sich für die hierdurch beeinträchtigten Wohnungseigentümer, die ihr nicht zugestimmt haben, gegenüber dem früheren Recht nichts: Die bauliche Veränderung stellt eine rechtswidrige Umgestaltung des auch ihnen gehörenden Gemeinschaftseigentums dar. Folglich können sie einen gleichwohl gefassten Beschluss anfechten. Allerdings können sie nicht selbst aus § 1004 Abs. 1 BGB deren Beseitigung verlangen, sondern haben nur einen Anspruch gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Tätigwerden, da nunmehr auch Beseitigungsansprüche kraft Gesetzes ihr zugeordnet werden.
b) Ansprüche der Wohnungseigentümer, die der baulichen Veränderung zugestimmt haben oder von ihr nicht benachteiligt sind
Rz. 27
Neuerungen ergeben sich bei den Wohnungseigentümern, die der baulichen Veränderung zugestimmt haben oder von ihr nicht benachteiligt sind. Hier konnte man nach früherem Recht Ansprüche auf Beseitigung durchaus in Frage stellen, wenn eine Zustimmung erteilt wurde oder gar nicht erforderlich war. Denn gerade das Fehlen der erforderlichen Zustimmung führte ja zur Rechtswidrigkeit der baulichen Veränderung; der Beschluss ersetzte nur die fehlenden Zustimmungen. Diese Bedeutung kommt dem nunmehr zu Recht auch terminologisch umbenannten "Einverständnis" der beeinträchtigten Wohnungseigentümer nicht mehr zu. Selbst wenn alle beeinträchtigten Wohnungseigentümer ihr Einverständnis zu der baulichen Veränderung erteilt haben, führt dies alleine nicht zur Rechtmäßigkeit der baulichen Veränderung. Dies geschieht erst mit der Gestattung durch Beschluss, auf den der umbauwillige Wohnungseigentümer allerdings einen Anspruch hat. Wenn selbst das Einverständnis aller beeinträchtigten Wohnungseigentümer nicht zur Rechtmäßigkeit einer baulichen Veränderung führt, sondern erst der gestattende Beschluss, kann das Einverständnis eines einzelnen beeinträchtigten Wohnungseigentümers seine Rechte nicht schmälern. Da die Rechtswidrigkeit einer baulichen Veränderung nicht mehr von der Zustimmung der beeinträchtigten Wohnungseigentümer abhängt, kann jeder Wohnungseigentümer unabhängig von seiner Beeinträchtigung den gestattenden Beschluss anfechten und von der Wohnungseigentümergemeinschaft ein Vorgehen hiergegen verlangen.
2. Veränderung ohne erheblichen Nachteil bzw. bei Zustimmung der betroffenen Wohnungseigentümer
a) Das Problem
Rz. 28
Bedauerlicherweise hat der Gesetzgeber die möglicherweise drängendste Frage, die sich schon nach der h.M. zur früheren Rechtslage aufdrängte, nicht beantwortet: Wie sind Beseitigungsansprüche zu behandeln, wenn zwar niemand von einer baulichen Veränderung beeinträchtigt wird bzw. alle Beeinträchtigten ihr Einverständnis erteilt haben, eine Gestattung durch Beschluss aber nicht eingeholt wurde. Wie ist in diesen Fällen zu verfahren, in denen materiell-rechtlich eine Gestattung verlangt werden kann, das vorgesehene Verfahren hierzu aber nicht eingehalten wurde?
b) Formelle Lösung
Rz. 29
In der Rechtsprechung zum früheren Recht sind klare Tendenzen zu erkennen, auf das Fehlen des Beschlusses abzustellen, der die bauliche Veränderung erst legalisiert. So lassen einige Berufungsgerichte dahinstehen, ob es durch eine bauliche Veränderung zu Beeinträchtigungen anderer Wohnungseigentümer kommt und lassen alleine das Fehlen der Zustimmung durch Beschluss für eine Verurteilung zum Rückbau ausreichen. Dies ist zwar nach der h.M., die die Rechtmäßigkeit alleine aus der Beschlusslage ableitet, konsequent, vernachlässigt aber den Umstand, dass der Urheber der baulichen Veränderung sogar einen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf eine entsprechende Beschlussfassung hat. Der (noch) gegebene Rückbauanspruch würde also alsbald entfallen, was jedenfalls nach dem Grundsatz des dolo-agit zu berücksichtigen wäre.
c) Materiell-rechtliche Lösung
Rz. 30
Der BGH lehnte es bislang leider ausdrücklich ab, zu dieser Streitfrage Stellung zu nehmen. In einer Entscheidung ließ er jedoch erkennen, dass er ein nur auf das Fehlen des Beschlusses gestütztes Beseitigungsverlangen wohl für treuwidrig hält, wenn alle beeinträchtigten Wohnungseigentümer der baulichen Veränderung zugestimmt haben. Würde man diese Position über den Einzelfall hinaus verallgemeinern, liefe dies auf einen Vorrang der materiellen Rechtslage hinaus. Damit würde aber dem nunmehr ausdrücklichen Postulat des Gesetzgebers zuwidergehandelt, der die Rechtmäßigkeit der baulichen Veränderung von einer gestattenden Beschlussfassung abhängig macht. Könnte man bei Vorliegen eines Anspruchs auf die Gestattung einer baulichen Veränderung unter Verweis auf die Treuwidrigkeit eines Beseitigungsverlangens oder mit einer ähnlichen Begründung darauf verzichten, einen Beschluss einzuholen, würde die gesetzliche Regelung in diesen Fällen ausgehebelt.
d) Kombinierte Lösung
Rz. 31
Einen gangbaren Ausweg aus dieser Zwickmühle hat der BGH in einem anderen Zusammenhang aufgezeigt, in dem ebenfalls der Widerspruch zwischen noch bestehender Beschlusslage und materieller Rechtslage aufzulösen war. Hierbei ging es um die Vergemeinschaftung von Beseitigungsansprüchen, die angefochten und mit hoh...