Rolf Schaefer, Dipl.-Jur. Malte Schaefer
Rz. 12
Der Versicherungsvertrag wird vom Versicherer im Versicherungsschein dokumentiert (§ 3 Abs. 1 VVG). Diesen Versicherungsschein sollte sich der Rechtsanwalt von dem Mandanten zeigen lassen und für seine Akte kopieren. Wenn der Mandant den Versicherungsschein nicht mehr besitzt, sollte eine Ersatzurkunde vom Versicherer gemäß § 3 Abs. 3 VVG angefordert werden. Dafür kann der Versicherer gemäß § 3 Abs. 5 VVG Kostenerstattung und einen Vorschuss verlangen. Regelmäßig verlangen die Versicherer dafür keine Kostenerstattung, ordnen die Aufgabe aber oft organisatorisch nicht der Schadenabteilung, sondern einem anderen Bereich (Vertragsabteilung) zu. Es ist auch immer wieder festzustellen, dass die Schadensachbearbeiter der Versicherung gar nicht wissen, welche Fassung der ARB vereinbart sind. Dem Mandanten und seinem Anwalt kann nur dringend geraten werden, juristisch vorzugehen und zunächst den Vertragsinhalt zu klären, einschließlich der Fragen, wie Vertragsänderungen (andere ARB) zustande gekommen sein sollen. Nach § 3 Abs. 4 S. 1 VVG kann der Versicherungsnehmer jederzeit vom Versicherer Abschriften der Erklärungen verlangen, die er mit Bezug auf den Vertrag abgegeben hat. Den Fall, dass der Versicherungsschein vom Antrag des Versicherungsnehmers oder den getroffenen Vereinbarungen abweicht, hat der Gesetzgeber in § 5 VVG detailliert geregelt.
Rz. 13
Selbst wenn der Versicherungsschein vorliegt, ist oft schwierig zu erkennen, welche Versicherungsbedingungen zurzeit gelten. Auch bei Deckungszusagen weisen die Versicherer häufig nur pauschal auf die Geltung der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung hin, ohne anzugeben, welche Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung damit gemeint sind. Bis 1994 hat das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen in Berlin allgemeine Versicherungsbedingungen geprüft und genehmigt, bevor die Versicherer diese vereinbaren durften. Nach dem Jahr der Genehmigung heißen die allgemeinen Versicherungsbedingungen ARB 75, ARB 94 oder dergleichen. Gegenwärtig besteht keine Genehmigungspflicht mehr, so dass die einzelnen Versicherer mit unterschiedlichen Versicherungsbedingungen arbeiten. Diese haben unterschiedliche Namen und unterschiedliche Inhalte. Die ARB 2000 beruhen auf einer Verbandsempfehlung. Auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofes, die für den Versicherungsnehmer günstig sind, reagieren die Versicherer häufig umgehend mit einer Änderung ihrer ARB. Die Versicherungsnehmer brauchen dagegen Jahre, um eine ordnungsgemäße Regulierung vor dem Bundesgerichtshof durchzusetzen.
Rz. 14
Die Änderung von Vertragsbedingungen, auch von allgemeinen Versicherungsbedingungen (AGB), geschieht nicht von allein. Die in den ARB 94 enthaltene Klausel zur einseitigen Veränderung der Versicherungsbedingungen durch den Versicherer ist unwirksam. Mit der Neufassung des Versicherungsvertragsgesetzes hat der Gesetzgeber den Versicherern die Möglichkeit eröffnet, ihre ARB der neuen Gesetzeslage anzupassen. Dazu mussten alle Versicherer eine Synopse der alten und neuen ARB jedem Versicherungsnehmer spätestens im November 2008 zugehen lassen. Hat der Versicherer diese gesetzliche Möglichkeit nicht genutzt, wofür er in jedem Einzelfall darlegungs- und ggf. beweispflichtig ist, gelten die Regelungen des VVG; vgl. Art. 1 Abs. 3 EG VVG. Das VVG regelt den Versicherungszweig Rechtsschutzversicherung nur in §§ 125 bis 129 VVG, wobei sich noch allgemeine Vorschriften zur Schadensversicherung in §§ 74 bis 87 VVG finden.
Rz. 15
Da es nicht abzusehen ist, ob die Frage, welche ARB für den Fall gelten, erheblich wird, sollte frühzeitig geklärt werden, welche Fassung der ARB gilt. Im Einzelfall ist zu prüfen, welche Bedingungen beim Abschluss der Rechtsschutzversicherung vereinbart wurden und ob dieser Vertrag später wirksam auf eine neuere Fassung der Versicherungsbedingungen umgestellt worden ist. Spätestens wenn es zu Problemen bei der Regulierung kommt, sollte die Rechtsschutzversicherung gefragt werden, auf welche Fassung der ARB sie sich beruft. Die Bedingungen sollten spätestens dann angefordert und zur Akte genommen werden. Sind die ARB vom Versicherer selbst konzipiert, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die im konkreten Fall entscheidungserhebliche Klausel der Fassung in der ARB 94 entspricht. Damit die versicherungsrechtlichen Fragen nicht einen größeren Umfang einnehmen als das arbeitsrechtliche Mandat, ist es in der Praxis üblich und angezeigt, die arbeitsrechtliche Bearbeitung im Vertrauen darauf vorzunehmen, dass auch beim Abschluss des arbeitsrechtlichen Verfahrens noch eine angemessene Regelung zu den Kosten mit vertretbarem Aufwand zwischen Mandant, Anwalt und Versicherung erreicht werden kann. Dies ist eine ökonomische Betrachtung. Als Jurist darf man auch weiterhin andere Ansprüche an eine Rechtsordnung stellen.
Die ARB sagen Leistungen nur im vereinbarten Umfang zu. Sie unterscheiden Formen des Versicherungsschutzes (z.B. nach §§ 21 ff. ARB 2010)...