Rz. 369

Ein Interessenkonflikt bei Mandatsannahme liegt auch vor, wenn der Rechtsanwalt nicht nur den ihn beauftragenden Ehegatten vertreten soll, sondern auch das gemeinsame volljährige Kind der scheidungswilligen Ehegatten in einem Unterhaltsverfahren. Denn ab Volljährigkeit des Kindes richtet sich ein Unterhaltsanspruch des Kindes gegen beide Elternteile, da nun beide barunterhaltspflichtig sind. Wenn und soweit sich die Höhe des Unterhaltsanspruchs des volljährigen Kindes nach den zusammengerechneten Einkommen beider Eltern richtet, kann das Interesse des Kindes überdies darauf gerichtet sein, ein möglichst hohes Einkommen auch desjenigen Elternteils nachzuweisen, dessen Vertretung der Anwalt bereits übernommen hatte und dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse dieser daher kennt. Das schließt eine gemeinsame Vertretung eines Elternteils und des volljährigen Kindes im Rahmen des Kindesunterhalts grundsätzlich aus.[291]

 

Rz. 370

Sollte sich im Rahmen des Erstgesprächs oder des weiteren Verlaufs des Mandatsverhältnisses herausstellen, dass der Ehegatte nicht nur selbst im Scheidungsverfahren vertreten werden will, sondern dieser als gesetzlicher Vertreter auch Kindesunterhaltsansprüche gegen den anderen geltend machen möchte, muss zunächst auf das Alter des jeweiligen Kindes geachtet werden. Sollte das Kind im Laufe des Verfahrens volljährig werden, ändert sich, wie zuvor dargestellt, die Berechnungsgrundlage für den Unterhaltsanspruch. Beide Elternteile sind dann barunterhaltspflichtig und nicht mehr nur einer von beiden bar- und der andere naturalunterhaltspflichtig. Da also dann bereits die Möglichkeit gegenläufiger Interessen besteht, muss das Mandat dann entweder gegenüber dem Kind oder dem jeweiligen Elternteil niedergelegt werden.

 

Rz. 371

 

Hinweis

Sofern die Gefahr besteht, dass der Rechtsanwalt nicht nur einen der scheidungswilligen Ehegatten vertreten soll, sondern auch das gemeinsame Kind der Ehegatten, kann hieraus ein Interessenkonflikt erwachsen, der den Rechtsanwalt zur Niederlegung des Mandats zwingt.

[291] BGH, Urt. v. 23.4.2012, AnwZ (Brfg) 35/11, NJW 2012, 3039, JurionRS 2012, 18528.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge