Rz. 86
§ 2038 Abs. 2 S. 1 BGB regelt über den Verweis auf § 743 Abs. 1 BGB den Anteil eines Miterben an den Früchte der Erbengemeinschaft. Der Anteil an den Früchten entspricht danach der Erbquote des Miterben am Nachlass.
Rz. 87
Unter "Früchte" i.S.v. § 743 Abs. 1 BGB sind sowohl "Früchte" i.S.v. § 99 BGB als auch die "Nutzungen" i.S.v. § 100 BGB zu verstehen. Früchte von Nachlassgegenständen sind zunächst jedoch Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft, §§ 953, 2041 BGB. Die Formulierung, dass jedem Miterben ein "Anteil" der Früchte "gebührt", sagt somit ausschließlich etwas über die Beteiligung an vorhandenen Nutzungen für die spätere Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft aus. Die Voraussetzungen der Nutzungen werden demgegenüber durch Entscheidung der Erbengemeinschaft geregelt.
Rz. 88
§ 743 Abs. 1 BGB ist eine Regelung für das Innenverhältnis der Erbengemeinschaft, nicht für das Außenverhältnis. Wurde bspw. ein Nachlassgegenstand vermietet, so hat nicht etwa jeder Miterbe nun nach § 743 Abs. 1 BGB gegen den Mieter einen eigenen Anspruch auf Zahlung des Mietzinses entsprechend seiner Erbquote. Der Anspruch des Miterben auf seinen Anteil an den Früchten und Nutzungen kann nicht durch Mehrheitsbeschluss ausgeschlossen werden, § 745 Abs. 3 S. 2 BGB.
Rz. 89
Die Teilung der Früchte unter den Miterben erfolgt gem. § 2038 Abs. 2 S. BGB grundsätzlich erst bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft. Eine Ausnahme regelt § 2038 Abs. 2 S. 3 BGB für den Fall, dass die Auseinandersetzung länger als ein Jahr ausgeschlossen ist (siehe unten Rdn 103). Bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft (§§ 2042 ff. BGB) steht bei jedem Miterben lediglich seine Erbquote am Nachlass fest. Der konkrete Auszahlungsanspruch eines Miterben ergibt sich jedoch erst im Zeitpunkt der Auseinandersetzung, wenn die Schulden der Erbengemeinschaft getilgt und Ausgleichsansprüche der Miterben berücksichtigt worden sind. Aus diesem Grund verschiebt § 2038 Abs. 2 S. 2 BGB die Verteilung der Früchte bis zur Auseinandersetzung. So haben bspw. Mieteinnahmen bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ebenso wie Zinserträge und Einkünfte eines Handelsgeschäftes u.Ä. beim Nachlass zu verbleiben und kein Miterbe hat einen Anspruch auf eine (Vorschuss-/Abschlags-)Zahlung. Die Miterben können sich nur einvernehmlich (nicht hingegen durch Mehrheitsbeschluss) hierüber hinwegsetzen, § 745 Abs. 3 S. 2 BGB. Ist ein solcher Beschluss gefasst worden, so kann er daher auch nur einvernehmlich wieder aufgehoben werden. Einigen sich die Miterben abweichend von §§ 2038 Abs. 2, 743 BGB, dass lediglich ein Miterbe das Recht hat, die Früchte zu ziehen, so wird dieser Miterbe Träger der Rechte und Pflichten aus abgeschlossenen Mietverträgen: Er – und nicht die Erbengemeinschaft – muss die erzielten Erträge aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 Abs. 1 EStG versteuern.