Rz. 604

Grundsätzlich entsteht in einstweiligen Anordnungsverfahren zunächst eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG, sobald der Antrag eingereicht ist. Bei vorzeitiger Beendigung gilt Nr. 3101 VV RVG, siehe auch Rdn 369.

 

Rz. 605

Fraglich ist, ob eine Terminsgebühr nach Nr. 3100 VV RVG entstehen kann, wenn in einem einstweiligen Anordnungsverfahren im Beschlusswege ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. Zum Teil wird in der Rechtsprechung der Anfall einer Terminsgebühr verneint, weil in einstweiligen Anordnungsverfahren nach den § 49 ff. FamFG – ähnlich wie im einstweiligen Rechtschutz – eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben sei.[326] Nach anderer Ansicht kann jedoch sowohl im einstweiligen Verfügungsverfahren nach den §§ 49 ff. FamFG (§ 54 Abs. 2 FamFG) als auch in Eilverfahren, z.B. auch Widerspruch gem. § 924 Abs. 2 S. 2 ZPO, auf Antrag eine mündliche Verhandlung stattfinden; die mündliche Verhandlung kann daher in diesen Fällen zumindest erzwungen werden, auch wenn diese nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Es rechtfertigt entsprechend den Anfall einer 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG, wenn ohne mündliche Verhandlung in solchen Verfahren entschieden wird.[327] Der letztgenannten Ansicht ist zu folgen, insbesondere, weil es einer effektiven Verfahrensführung entspricht, "in einem Verfahren, in dem ein Beteiligter eine mündliche Verhandlung und somit das Entstehen einer Terminsgebühr erzwingen kann, einen Anreiz zu schaffen, das Verfahren auch ohne mündliche Verhandlung zu beenden, ohne dass der Verfahrensbevollmächtigte Gefahr läuft, die ansonsten "sichere" Terminsgebühr zu verlieren."[328] Auch der BGH hat den Anfall einer Terminsgebühr für eine sog. "Erledigungsbesprechung" für den Fall bejaht, dass eine Besprechung in einem Verfahren stattfindet, in dem die mündliche Verhandlung für den Fall vorgeschrieben ist, dass eine Partei sie beantragt.[329]

 

Rz. 606

Muster 81: Musterrechnung 4.81: Mehrere einstweilige Anordnungen

 

Musterrechnung 4.81: Mehrere einstweilige Anordnungen

Eine Scheidungssache ist anhängig. Neben der Ehesache werden folgende einstweilige Anordnungen anhängig gemacht:

Einstweilige Anordnung auf Zahlung von Trennungsunterhalt von monatlich 500,00 EUR
Einstweilige Anordnung auf Zuweisung der Ehewohnung

Im einstweiligen Anordnungsverfahren auf Zuweisung der Ehewohnung entscheidet das Gericht durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung. Betreffend des e.A.-Verfahrens wegen Unterhalt entscheidet das Gericht nach mündlicher Verhandlung durch Beschluss.

1. Einstweilige Anordnung wg. Zuweisung der Ehewohnung

Gegenstandswert: 1.500,00 EUR, §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 48 Abs. 1, 41 S. 2 FamGKG

 

1,3 Verfahrensgebühr

Nr. 3100 VV RVG
149,50 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 169,50 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 32,21 EUR
Summe 201,71 EUR

2. Einstweilige Anordnung wg. Trennungsunterhalt

Gegenstandswert: 3.000,00 EUR, §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 51 Abs. 1, 41 S. 2 FamGKG

 

1,3 Verfahrensgebühr

Nr. 3100 VV RVG
261,30 EUR

1,2 Terminsgebühr

Nr. 3104 VV RVG
241,20 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 522,50 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 99,28 EUR
Summe 621,78 EUR

Zu den Gegenstandswerten siehe § 2 Rdn 269 und 457.

 

Rz. 607

Muster 82: Musterrechnung 4.82: Einstweilige Anordnung neben Hauptsache

 

Musterrechnung 4.82: Einstweilige Anordnung neben Hauptsache

Es wird ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend Trennungs-Unterhaltszahlung gestellt. Beantragt ist ein monatlicher Unterhaltsbetrag von 640,00 EUR. Das Gericht entscheidet durch Beschluss ohne Termin und setzt eine Frist von 3 Monaten fest, innerhalb der ein Antrag auf Hauptsacheentscheidung unzulässig ist. Schließlich wird auch das Hauptsacheverfahren anhängig. Im Hauptsacheverfahren werden fällige Unterhaltsbeträge für 3 Monate sowie laufender Unterhalt geltend gemacht. Nach mündlicher Verhandlung schließen die Beteiligten einen Unterhaltsvergleich, der gerichtlich protokolliert wird.

1. Einstweilige Anordnung wg. Trennungsunterhalt

Gegenstandswert:

640,00 EUR x 12 = 7.680,00 EUR; 7.680,00 EUR : 2 = 3.840,00 EUR, §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 51 Abs. 1, 41 S. 2 FamGKG

 

1,3 Verfahrensgebühr

Nr. 3100 VV RVG
327,60 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 347,60 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 66,04 EUR
Summe 413,64 EUR

2. Hauptsacheverfahren wg. Trennungsunterhalt

Gegenstandswert:

640,00 EUR × 12 = 7.680,00 EUR + Rückstände: 3 × 640,00 EUR = 1.920,00 EUR

Gesamtwert: 9.600,00 EUR, §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 51 Abs. 1 u. 2 FamGKG

 

1,3 Verfahrensgebühr

Nr. 3100 VV RVG
725,40 EUR

1,2 Terminsgebühr

Nr. 3104 VV RVG
669,60 EUR

1,0 Einigungsgebühr

Nr. 1003 VV RVG
558,00 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 1.973,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 374,87 EUR
Summe 2.347,87 EUR

Zu den Gegenstandswerten siehe § 2 Rdn 457 und 269.

 

Rz. 608

Nach § 54 FamFG kann das Gericht eine einstweilige Anordnung aufheben oder ändern. Ein Verfah...

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