Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 616
Dabei ist die Vermittlung von Grundkenntnissen stets als erforderlich anzusehen. Durch diese soll das Betriebsratsmitglied in die Lage versetzt werden, seine sich aus der Amtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen; eine besondere Darlegung der Erforderlichkeit ist für solche Grundschulungen über Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherung und Unfallverhütung nicht nötig (st. Rspr., vgl. BAG v. 28.9.2016 – 7 AZR 699/14, juris; BAG v. 7.5.2008 – 7 AZR 90/07, juris). Auch Regelungen zum AGG gehören zu den erforderlichen Grundkenntnissen (Fitting, § 37 Rn 144). Vieles spricht dafür, dass angesichts seiner Bedeutung für die Arbeit innerhalb und außerhalb des Betriebsrats auch Kenntnisse über den zu beachtenden Datenschutz zu den Grundkenntnissen zu zählen sein werden.
Rz. 617
Bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern ist die Vermittlung von Grundkenntnissen des Arbeitsrechts, des Betriebsverfassungsrechts und über die Arbeitssicherheit und Unfallverhütung ohne nähere Darlegung erforderlich. Für andere Schulungsveranstaltungen muss ein aktueller, betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen, dass die in der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden besonderen Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann (st. Rspr., vgl. BAG v. 28.9.2016, 7 AZR 699/14, juris; BAG v. 14.1.2015 – 7 ABR 95/12, juris; BAG v. 20.8.2014 – 7 ABR 64/12, juris; BAG v. 18.1.2012 – 7 ABR 73/10, juris). Für diese hängt es also von den betrieblichen Umständen und von den Vorkenntnissen innerhalb des Betriebsratsgremiums ab, ob eine Schulungs- und Bildungsveranstaltung als erforderlich anzusehen ist.
Rz. 618
Hinweis
Das BAG geht im Beschl. v. 7.6.1989 (7 ABR 26/88, juris) davon aus, dass jeweils zweiwöchige Schulungen zum Arbeitsrecht, zur Arbeitssicherheit und Unfallverhütung einerseits und zur Einführung in die Betriebsverfassung andererseits, selbst wenn diese vom Veranstalter als Stufe I und Stufe II bezeichnet werden, ohne weitere Darlegungen bei einem erstmals gewählten Betriebsratsmitglied als erforderlich anzusehen sind.
Rz. 619
Allerdings ist die Grundlagenschulung im Betriebsverfassungsrecht nicht von vornherein auf 2 Wochen begrenzt (LAG Hessen v. 15.9.2005 – 9 TaBV 189/04, juris). Angesichts der Komplexität der Materie wird man i.d.R. eine Schulung, in der neben allgemeinen Verfahrensvorschriften die Mitbestimmungstatbestände in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten jeweils in Wochenschulungen gelehrt werden, als erforderliche Vermittlung von Grundkenntnissen ansehen können (vgl. auch LAG Nürnberg v. 28.5.2002 – 6(5) TaBV 29/01, juris: Auch vier Wochenschulungen mit den Themen "Einführung ins BetrVG", "Mitbestimmungsrechte bei Kündigungen", "Mitbestimmungsrechte bei personellen Einzelmaßnahmen" und "Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG" können erforderliche Grundschulungen jedenfalls dann sein, wenn hierbei auch Grundkenntnisse des Arbeitsrechts vermittelt werden, die den Besuch eigener Grundschulungen zum Arbeitsrecht insoweit überflüssig werden lassen).
Rz. 620
Auch eine Betriebsratsschulung, die sich mit den Strafrechtsvorschriften der §§ 119, 120 BetrVG beschäftigt, kann als erforderlich angesehen werden; dabei gehören diese Vorschriften zum Grundlagenwissen für Betriebsräte. Eine solche Schulung soll nicht voraussetzen, dass der Arbeitgeber in strafrechtlich relevanter Weise unter Verstoß gegen § 119 BetrVG konkret versucht hat, die Betriebsratsarbeit gesetzeswidrig zu beeinflussen. Es soll zum Grundlagenwissen gehören, solche Beeinflussungsversuche von vornherein erkennen und abwehren zu können (LAG Köln v. 21.1.2008 – 14 TaBV 44/07, juris). Dem wird man in dieser Allgemeinheit nicht folgen können. Es müssen schon Anhaltspunkte für eine Störung der Betriebsratsarbeit konkret benannt sein, wenn eine Schulung über Strafvorschriften als erforderlich anerkannt werden soll.