Rz. 15
Verhandlungsbegleitende Warnstreiks dienen dem Vorankommen der Verhandlungen, indem die Arbeitnehmerseite Druck ausübt. Dabei sollen die Verbindungen nicht abgebrochen werden, sondern es soll nur für eine kurze Zeit, oft ein bis drei Stunden, gestreikt werden. Rechtliche Grenzen für die Dauer und/oder Wiederholung gibt es nicht (BAG v. 21.6.1988, DB 1988, 1952).
Rz. 16
Warnstreiks sind deshalb nach Ablauf der Friedenspflicht rechtlich zulässig (BAG v. 21.6.1988 – 1 AZR 651/86, DB 1988, 1952; BAG v. 12.9.1984, DB 1984, 2563; BAG v. 17.12.1976, AuR 1977, 318). Warnstreiks sind darüber hinaus auch noch während laufender Tarifverhandlungen zulässig. Zwar unterliegen Warnstreiks dem Ultima-Ratio-Prinzip, dieses verlangt aber nicht, dass die Tarifverhandlungen förmlich für gescheitert erklärt werden. Der Warnstreik ist auch schon vorher rechtlich zulässig (BAG v. 18.2.2003, AuR 2004, 151; ErfK/Linsenmaier, GG, Art. 9 Rn 157; LAG Sachsen v. 2.12.2003, AuR 2004, 277; LAG Köln v. 29.11.1998, AuR 1999, 118).
Hinweis
Nach der Rspr. ist von einer rechtlichen Gleichsetzung des Warnstreiks mit dem Erzwingungsstreik auszugehen. Deshalb setzen Warnstreiks einen Beschluss der gewerkschaftlichen Gremien voraus. Eine Ankündigungsfrist für einen Warnstreik ist nicht erforderlich.
Rz. 17
Die Dauer von Warnstreiks ist rechtlich nicht begrenzt (BAG v. 12.9.1984, DB 1984, 2563). Der Warnstreik kann auch durchgeführt werden, wenn ein neuer Verhandlungstermin anberaumt worden ist. Gleichfalls können die Arbeitgeber zur Verteidigung ggü. einem Warnstreik auch Aussperrungsmaßnahmen treffen. Dies muss sich allerdings i.R.d. Verhältnismäßigkeit halten. Die Rspr. hat eine zweitägige Aussperrung ggü. einem halbstündigen Warnstreik für rechtswidrig gehalten (BAG v. 11.8.1992, AiB 1993, 244; Kissel, Arbeitskampfrecht, § 41 Rn 39).
Rz. 18
Der Streikbeschluss der zuständigen Gremien einer Koalition ist Voraussetzung für den Arbeitskampf und entscheidend für die rechtliche Bewertung der Streikziele (BVerfG v. 4.7.1995, AuR 1996, 33; BAG v. 24.4.2007, DB 2007, 1924; BAG v. 31.10.1995, AuR 1996, 157; ErfK/Linsenmaier, GG, Art. 9 Rn 124; Kissel, Arbeitskampfrecht, § 42 Rn 2).
Rz. 19
Während des Streiks sind i.d.R. Notdienstarbeiten durchzuführen. Es ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines Streiks, dass Notdienstarbeiten durchgeführt werden. Die Notdienstarbeiten sollen die Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Diensten und Gütern sicherstellen, wobei es sich nur um eine Notversorgung handeln sollte. Erhaltungsarbeiten dagegen dienen dem Schutz vor weiteren Schäden der Betriebsanlagen. Art und Umfang des Notdienstes sind zu vereinbaren. Die Gewerkschaften sehen den Notdienst als ihre Aufgabe an, sie nehmen die Notdienstbeschäftigten vom Streikaufruf aus und geben Notdienstausweise aus. Die Rspr. dagegen sieht in Notdienstmaßnahmen eine gemeinsame Zuständigkeit für Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden (BAG v. 31.1.1995 – 1 AZR 142/94, AuR 1995, 374). Einigkeit besteht darin insoweit, dass sie nicht in die Kompetenz des Betriebs- oder Personalrates fallen.
Rz. 20
Die Tätigkeit der Streikposten und das Versammeln der Streikenden in der Nähe der Arbeitsstelle ist vom Streikrecht geschützt (ErfK/Linsenmaier, GG, Art. 9 Rn 176, 276). Die Streikposten können die sog. Streikbrecher ansprechen und dabei versuchen, sie von der Aufnahme der Arbeit abzuhalten. Gleichzeitig haben sie das Recht, Kunden und Lieferanten durch bloßes Zureden über die Streikziele zu informieren und aufzufordern, sich ebenfalls solidarisch zu verhalten (BAG v. 21.6.1988 – 1 AZR 651/86, DB 1988, 1952).
Rz. 21
Der Streik wird nach einem Tarifergebnis und der Billigung dieses Ergebnisses durch die zuständigen Gremien der Gewerkschaft beendet. Üblicherweise müssen die Gremien der Gewerkschaften, nämlich die Tarifkommission und/oder der Vorstand, das Tarifergebnis billigen. Die Wiederaufnahme der Arbeit erfolgt durchweg nach Billigung des Tarifergebnisses und der zweiten Urabstimmung, mit dem das Tarifergebnis auch von den Mitgliedern gebilligt wird.
Rz. 22
Mit Abschluss einer Tarifauseinandersetzung werden üblicherweise auch sog. Maßregelungsklauseln vereinbart. Damit soll der Streik beigelegt werden und Streikteilnehmer vor Nachteilen, Sanktionen und Maßregelungen geschützt werden. Dies soll auch dann gelten, wenn einzelne Streikhandlungen rechtswidrig gewesen sein sollten (BAG v. 8.11.1988 – 1 AZR 417/86, DB 1989, 1087; BAG v. 13.7.1993, DB 1994, 148; BAG v. 13.2.2007, NZA 2007, 573; LAG Köln v. 22.11.2004, AuR 2005, 118).