Rz. 19
§ 1a KSchG setzt voraus, dass der Arbeitgeber in der Kündigungserklärung darauf hinweist, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann und sich entweder auf § 1a KSchG beruft oder eine der Berechnung nach § 1a KSchG entsprechende Abfindung anbietet.
Rz. 20
Das Abfindungsangebot ist Teil der schriftlichen Kündigungserklärung und unterliegt daher ebenfalls dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB. Ausgeschlossen ist damit, dass ein Abfindungsanspruch aufgrund betrieblicher Übung entsteht. Der Hinweis nach § 1a KSchG ist nach hier vertretener Auffassung Bestandteil eines rechtsgeschäftlichen Angebots und hat daher rechtsgeschäftlichen Charakter. Ein Widerruf des Angebots ist nicht möglich.
Rz. 21
Das Entstehen des Anspruchs setzt lediglich den Hinweis darauf voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt wird. Eine nähere Begründung des Arbeitgebers hierzu ist nicht erforderlich.
Rz. 22
Nicht erforderlich ist ein Hinweis auf die Höhe der Abfindung. Es ist daher im Grundsatz unerheblich, wenn der Arbeitgeber über die normierten Erfordernisse hinausgeht und einen Abfindungsbetrag ausweist. Beziffert der Arbeitgeber keine Abfindung, muss zur Vollständigkeit und Verständlichkeit des Angebots zumindest ein eindeutiger Verweis auf § 1a KSchG enthalten sein. Nimmt der Arbeitgeber eine bestimmte Abfindungshöhe auf, so läuft er Gefahr, an einer möglichen falschen Berechnung festgehalten zu werden. Beruft er sich auf § 1a KSchG und benennt eine zu niedrigere Abfindung, läuft er Gefahr, die sich nach richtiger Berechnung ergebende höhere Abfindung zahlen zu müssen. Die explizite Nennung von § 1a KSchG steht der Auslegung eines abweichenden Vertragsangebots entgegen.
Rz. 23
Praxishinweis
Für die Beratungspraxis ist anzuraten, bei Nutzung der Möglichkeit des § 1a KSchG die arbeitgeberseitige Erklärung möglichst nahe an dem Gesetzeswortlaut zu halten. Wenn eine Abfindung nach § 1a KSchG gezahlt werden soll, sollte § 1a KSchG ausdrücklich erwähnt, die Abfindungshöhe aber im Zweifel nicht genannt werden. Soll eine abweichende Abfindung gezahlt werden, muss diese beziffert werden. § 1a KSchG darf dann nicht erwähnt werden.
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn sich ein Abfindungsanspruch noch aus anderen Gründen, z.B. einem Sozialplan, ergibt. Bei einem zusätzlichen Verweis auf § 1a KSchG besteht dann die Gefahr, dass zwei Abfindungen verlangt werden können.
Rz. 24
Die Tatsache, dass die Höhe der Abfindung nicht benannt werden muss, weist den Hinweis des Arbeitgebers, in dem rechtsgeschäftlich das Angebot auf Abschluss eines Vertrages zu sehen ist, als atypisches Angebot aus. Grundsätzlich muss ein Angebot nämlich alle notwendigen Bestandteile enthalten, um den Vertrag inhaltlich zu bestimmen. Hierzu gehört grundsätzlich auch die Höhe von Leistung und Gegenleistung. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist dies nicht notwendig, weil sich die Höhe des Anspruchs aus dem Gesetz, § 1a Abs. 2 KSchG, ergibt. Die gesetzliche Konkretisierung in § 1a Abs. 2 KSchG rechtfertigt somit die unvollständige Gestalt des rechtsgeschäftlichen Angebots (zu dem in diesem Zusammenhang entstehenden Problem bei Unterbreitung eines in der Höhe bezifferten, die gesetzliche Vorgabe jedoch unterschreitenden Angebots vgl. Rdn 47 ff.).
Rz. 25
Fehlt der Mindestinhalt des Angebots, entsteht aufgrund des Verstreichenlassens der Klagefrist kein Anspruch des Arbeitnehmers. Dies gilt insbesondere für ein Angebot, das nicht auf die rechtsgeschäftlichen Konsequenzen des Verstreichenlassens der Klagefrist hinweist; denn dem Unterlassen der Klageerhebung kann nur nach vorheriger Belehrung rechtsgeschäftlicher Erklärungswert beigemessen werden. Weist der Arbeitgeber in seiner Kündigung darauf hin, dass er bereit ist, dem Arbeitnehmer eine Abfindung zu zahlen, wenn dieser die Kündigung rechtswirksam werden lässt, so stellt dies kein Angebot nach § 1a KSchG dar. Dasselbe gilt bei anderweitigem Angebot eines Abwicklungsvertrags. Lässt der Arbeitnehmer vor diesem Hintergrund die Klagefrist verstreichen, kommt eine nachträgliche Zulassung gem. § 5 Abs. 1 S. 1 KSchG nicht in Betracht. Denn der Arbeitnehmer war nicht an der Erhebung der Klage gehindert, sondern hat lediglich über den vorgestellten Eintritt einer Rechtsfolge geirrt. Die Lösung liegt vielmehr auf der Sekundärebene, nämlich in einem Schadensersatzanspruch gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB, sofern dem Arbeitgeber ein vertragswidriges und schuldhaftes Verhalten zur Last fällt. Entgegen Giesen/Besgen wird sich dieser Anspruch auf Naturalrestitution richten. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer so zu stellen ist, als ob die Klage von ihm rechtzeitig erhoben worden wäre. Das – sachlich zuständige – Arbeitsgericht wird also inzidenter die Begründetheit der Kündigungsschutzklage zu prüfen haben. Hätte diese Erfolg gehabt, hat der Arbeitne...