Dr. Michael Pießkalla, Gesine Reisert
Rz. 32
Die maßgebenden Regelungen für die Begutachtung ergeben sich aus der Anlage 4 (Eignung und bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen) zur FeV.
Die Begutachtung der Eignung orientiert sich nach der Anlage 4 (Eignung und bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen) zur FeV. Diese lehnt sich in ihrem Aufbau am Anhang III der Zweiten EU-Führerscheinrichtlinie und an den "Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung" des Gemeinsamen Beirates für Verkehrsmedizin an. Die Begutachtungs-Leitlinien sind eine Zusammenstellung eignungsausschließender oder eignungseinschränkender körperlicher und/oder geistiger Mängel und sollen die Begutachtung der Kraftfahreignung im Einzelfall erleichtern. Sie dienen als Nachschlagewerk für Begutachtende, die Fahrerlaubnisbewerber oder -inhaber in Bezug auf ihre Kraftfahreignung zu beurteilen. Es gibt einen allgemeinen Teil, der grundsätzliche Beurteilungshinweise, Auswahl und rechtliche Stellung der Begutachtenden sowie die Anforderungen an die psychische Leistungsfähigkeit und die Möglichkeiten der Kompensation von Mängeln darstellt. Im speziellen Teil sind kapitelweise körperliche und geistige Krankheiten und Mängel aufgenommen, die längerfristige Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit beim Führen eines Kraftfahrzeugs haben, und somit die Sicherheit im Straßenverkehr gefährden können.
Praxistipp
Der bearbeitende Rechtsanwalt sollte bei Krankheiten des Mandanten zunächst anhand der Aufstellung überprüfen, ob Rechtsmittel sinnvoll sind oder welche Ausnahmen ggf. zulässig sein könnten, die für den Mandanten sprechen.
Rz. 33
Sämtliche Gutachten stellen eine Grundlage für die Entscheidung über die Eignung eines Fahrerlaubnisbewerbers oder -inhabers dar. Um die Anwendbarkeit dieser Gutachten in der Verwaltungspraxis zu gewährleisten, müssen die Vorgaben der Anlage 4a erfüllt werden:
Die Untersuchung ist anlassbezogen, so dass für den Gutachter durch die Fragestellung der Untersuchungsumfang eindeutig begrenzt wird. Die Fragestellung ist von der Behörde festzulegen. Untersuchungen erstrecken sich ausschließlich auf fahreignungsrelevante Eigenschaften, Fähigkeiten und Verhaltensweisen. Dabei sind diese in allgemeinverständlicher Sprache abzufassen und – wie bei anderen Gutachten auch – haben in sich nachvollziehbar und schlüssig zu sein.
Anlage 4a schreibt vor, welche Personen von einer Begutachtung ausgeschlossen sind und welche Anforderungen an die Befunde gestellt werden, die einer Begutachtung zugrunde gelegt werden. Unerlässlich als Grundlage für die Begutachtung sind die Begutachtungsleitlinien (insbesondere für die ärztlichen Gutachten) und Beurteilungskriterien. Diese werden laufend überarbeitet. Die Begutachtungsleitlinien stellen die Grundlage für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen dar. Werden sie angewandt, bedarf es keiner expliziten Begründung. Wird von den Leitlinien abgewichen, z.B. weil Untersuchungen zu Zeiten der vorherigen Begutachtungsleitlinien begonnen haben und nach diesen fortgesetzt werden sollen oder ein Einzelfall fachlich anders zu würdigen ist, ist dies möglich, bedarf aber in der Regel einer detaillierten Begründung.