Rz. 128
Der Ausschluss der Auseinandersetzung kann gem. §§ 2042 Abs. 2; 2045 BGB für einen längeren Zeitraum als ein Jahr ausgeschlossen werden oder sein. Für diesen Fall gewährt § 2038 Abs. 2 S. 3 BGB jedem Miterben das Recht, "am Schluss jeden Jahres die Teilung der Reinerträge zu verlangen". Die Jahresfrist ist seit dem Erbfall zu berechnen, Rechtsgedanke aus § 188 Abs. 2 BGB. Sie gilt nicht bereits, wenn lediglich ein Jahr seit dem Erbfall vergangen ist. Die bloße Verzögerung der Auseinandersetzung über ein Jahr hinaus genügt nicht; dies gilt auch, wenn die Verzögerung durch den leistungspflichtigen Miterben verschuldet wird. Erforderlich ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift, dass die Auseinandersetzung "ausgeschlossen" ist, mithin ein Fall der §§ 2042 Abs. 2, 2043, 2044 oder 2045 BGB vorliegt. Schwierigkeiten bereiten Verfügungen mit einem bei Eintritt des Erbfalls unbestimmten Ende des Verbots (z.B. Ausschluss der Auseinandersetzung bis eine bestimmte Person eine Berufsausbildung abgeschlossen hat oder eine bestimmte Person verstorben ist). Hier kann beim Erbfall noch nicht festgestellt werden, ob ein Fall des § 2038 Abs. 2 S. 3 BGB vorliegt. Es kann hier jedoch allein auf eine nachträgliche Betrachtungsweise ankommen: Ist seit dem Erbfall mehr als ein Jahr vergangen, und konnte die Erbengemeinschaft aufgrund eines kalendermäßig nicht bestimmbaren Auseinandersetzungsverbotes nicht auseinandergesetzt werden, so erwächst der Anspruch auf Teilung des Reinertrags. Eine Betrachtung "im Vorhinein" im Sinne einer "ex-ante-Beurteilung" verbietet sich, da es dann auf bloße Mutmaßungen ankäme.
Rz. 129
Fraglich ist jedoch, ob mit der Formulierung "am Schluss jedes Jahres" in § 2038 Abs. 2 S. 3 BGB der Schluss eines Kalenderjahrs, also jeweils der 31.12., gemeint ist oder ein Zeitraum von zwölf Monaten. Für die erste Möglichkeit sprechen praktische Erwägungen, da zum Ende eines Jahres ohnedies regelmäßig Abrechnungen zu erstellen sind, und so die fälligen Erträge bei dieser Gelegenheit gewissermaßen "nebenbei" berechnet werden. Für einen Zeitraum von zwölf Monaten spricht zum einen der Rechtsgedanke aus § 188 Abs. 2 BGB. Zum anderen mag es zwar sein, dass grundsätzlich Abrechnungen zum Jahresende erstellt werden. Gerade mit Eintritt des Erbfalls und Begründung der Erbengemeinschaft wird es sich jedoch sowieso anbieten, Stichtags bezogen auf den Erbfall neu abzurechnen, um eine Zuordnung der Einkünfte des Erblassers sowie der Erbengemeinschaft zu ermöglichen. Steuerlich ist dies meist ohnedies notwendig. Die Teilung der Früchte kann mithin erstmals zwölf Monate nach dem Erbfall verlangt werden.
Rz. 130
Der zu verteilende "Reinertrag" i.S.v. § 2038 Abs. 2 S. 3 BGB sind die Einkünfte der Erbengemeinschaft abzüglich der Aufwendungen.
Rz. 131
Beispiel (Lösung Frage 7 – Rdn 1)
Obwohl die Auseinandersetzung über ein Jahr nach dem Tod des Erblassers noch nicht abgeschlossen ist, kann K1 keine vorgezogene Teilung der Reinerträge verlangen. Dies wäre nur möglich, wenn die Auseinandersetzung durch letztwillige Verfügung von Todes wegen für ein Jahr ausgeschlossen worden wäre. Allein die Verzögerung der Auseinandersetzung für ein Jahr oder länger gewährt keinen Anspruch auf vorzeitige Verteilung der Früchte (siehe auch noch oben Rdn 128).