Rz. 87
Die Einigungsgebühr findet sich in Nr. 1000 VV RVG. Das Kriterium des "gegenseitigen Nachgebens" spielt dabei nach der Neufassung der Vergütungsregelungen für Rechtsanwälte durch das RVG keine Rolle mehr. Somit können nun auch Ratenzahlungsvereinbarungen als Einigung nach Nr. 1000 VV RVG abgerechnet werden. Die Frage, wann eine Einigung vorliegt, bemisst sich danach, ob der Streit bzw. die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis vertraglich beseitigt wurde. Dass ein Rechtsverhältnis tatsächlich besteht, ist nicht erforderlich. Ausreichend ist vielmehr, dass ein derartiges Rechtsverhältnis von einer der Parteien behauptet wird. Soll durch die Tätigkeit des Rechtsanwalts erst ein Rechtsverhältnis herbeigeführt werden, und zwar dadurch, dass ein Vertrag geschlossen wird, entsteht keine Einigungsgebühr. Hat eine der Parteien ein umfassendes Anerkenntnis oder einen vollständigen Verzicht auf die streitige Forderung abgegeben, genügt dies nicht für das Erfordernis der Einigung. Ob Zwischenvergleiche (d.h. z.B. eine Einigung über die Person eines Sachverständigen oder auch über die Höhe eines Anspruchs, wobei man sich jedoch hinsichtlich des Grundes weiterhin einen Vorbehalt ausbedingt) eine Einigungsgebühr auslösen können, ist umstritten.
Rz. 88
Entfällt eine Einigung aufgrund eines vereinbarten Widerrufs und wird dieser Widerruf ausgeübt, entfällt auch die Einigungsgebühr.
Die Einigungsgebühr entsteht nur dann, wenn der Rechtsanwalt bei der Einigung auch mitgewirkt hat. Hierfür ist beispielsweise ausreichend, dass eine Beratung dahingehend erfolgt, einen widerruflich abgeschlossenen Vergleich nicht zu widerrufen. Die Mitwirkung muss für den späteren Vergleich ursächlich sein. Für das Entstehen der Einigungsgebühr ist es auch ausreichend, wenn der Rechtsanwalt bei Vertragsverhandlungen mitwirkt. Wird der Rechtsanwalt beauftragt, für seinen Mandanten Pflichtteilsansprüche geltend zu machen und treffen sich die Parteien unter Ausschluss des Rechtsanwalts nach Eingang der Zahlungsaufforderung und einigen sich über eine Zahlung, fällt eine Einigungsgebühr für den Rechtsanwalt nicht an.
Rz. 89
Wird die Klage zurückgenommen, kann dies eine Einigungsgebühr auslösen, und zwar wenn dadurch eine Einigung zustande kommt und die Klage als Teil der Einigung zurückgenommen wird bzw. wenn die Klagerücknahme Zug um Zug gegen ein Anerkenntnis erfolgt.
In den Fällen, in denen der Beklagte seinerseits seine Berufung zurücknimmt und der Kläger im Gegenzug auf einen Teil seiner Forderung bei Einhaltung der Ratenzahlungsverpflichtung verzichtet, wird eine Einigungsgebühr ausgelöst, und zwar auch dann, wenn dies nicht ausdrücklich als Einigung bezeichnet wird. Dies gilt auch dann, wenn sich der Kläger und Berufungsbeklagte dem Berufungskläger und Beklagten gegenüber verpflichtet, für einen längeren Zeitraum aus dem Urteil nicht zu vollstrecken.
Rz. 90
Ist kein gerichtliches Verfahren anhängig, entsteht die Einigungsgebühr in Höhe einer 1,5 Gebühr gemäß Nr. 1000 VV RVG. Ist ein gerichtliches Verfahren anhängig entsteht eine Gebühr in Höhe von 1,0 gemäß Nr. 1003 VV RVG.
Ist ein gerichtliches Verfahren anhängig und einigen sich die Parteien sowohl über rechtshängige als auch nicht rechtshängige Ansprüche, so entsteht die Einigungsgebühr in Höhe einer 1,0 Gebühr aus dem Wert der rechtshängigen Ansprüche und in Höhe einer 1,5 Gebühr aus dem Wert der nicht rechtshängigen Ansprüche. Diese wird jedoch gedeckelt durch § 15 Abs. 3 RVG, d.h. es darf höchstens eine 1,5 Gebühr aus den zusammengerechneten Werten entstehen. Daneben entsteht noch eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Ziffer 2 VV RVG aus dem Wert der nicht rechtshängigen Ansprüche. Auch hier ist § 15 Abs. 3 RVG zu beachten.
Rz. 91
Zu beachten ist, dass die Einigung formgerecht erfolgen muss. Bei Grundstücksgeschäften ist § 311b Abs. 1 BGB einzuhalten. Gemäß § 127a BGB wird durch einen gerichtlichen Vergleich die notarielle Beurkundung ersetzt. Dies gilt jedoch nicht für einen schriftlichen Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO. Über Pflichtteilsansprüche können sich die Parteien formlos einigen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist nunmehr die formlose Abschichtung einzelner Miterben aus der Erbengemeinschaft anerkannt.