Rz. 502
Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG beträgt ebenfalls 0,8. Sie wurde mit dem FGG-Reform-Gesetz erheblich geändert.
Zitat
"3. … soweit in einer Familiensache, die nur die Erteilung einer Genehmigung oder die Zustimmung des Familiengerichts zum Gegenstand hat, oder in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit lediglich ein Antrag gestellt und eine Entscheidung entgegengenommen wird, …"
Der Gesetzgeber hielt die Klarstellung für wichtig, da in Zukunft nicht mehr zwischen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und anderen Verfahren in Familiensachen unterschieden wird. Alle Familiensachen sollen daher gleich behandelt werden. Man wollte jedoch die 0,8 Verfahrensgebühr für solche Verfahren erhalten, die lediglich die Erteilung einer Genehmigung oder die Zustimmung des Familiengerichts zum Gegenstand haben.
Rz. 503
Unter Nr. 3101 Nr. 3 VV fallen z.B. Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts für ein minderjähriges Kind beim Familiengericht (bis 31.8.2009: Vormundschaftsgericht), Beantragung eines Erbscheins, etc. Sofern der Rechtsanwalt lediglich einen Antrag stellt und eine Entscheidung entgegennimmt, bleibt es bei einer 0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG.
Eine ähnliche Regelung wurde im Rahmen des 2. KostRMoG durch Abs. 2 der Anmerkung zu Nr. 3201 VV RVG eingefügt (vgl. Rdn 778 in diesem Kapitel).
Rz. 504
Muster 57: Musterrechnung 5.57: Antrag an das Familiengericht – Entgegennahme Beschluss i.S.d. Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG
Musterrechnung 5.57: Antrag an das Familiengericht – Entgegennahme Beschluss i.S.d. Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG
Rechtsanwältin A beantragt beim Familiengericht, den Kauf für ein minderjähriges Kind zu genehmigen. Das Gericht erlässt einen entsprechenden Beschluss, der von Rechtsanwältin A weitergeleitet wird. Die Sache ist damit erledigt. Der Gegenstandswert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gegenstandswert: 5.000,00 EUR, §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 42 Abs. 1 u. 3 FamGKG
0,8 Verfahrensgebühr aus 5.000,00 EUR Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG |
267,20 EUR |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
287,20 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
54,57 EUR |
Summe |
341,77 EUR |
Rz. 505
Praxistipp
Es entsteht eine 1,3 Verfahrensgebühr, wenn "nicht lediglich" ein Antrag gestellt und eine Entscheidung entgegengenommen wird, wenn also der Rechtsanwalt weitergehend, über die Antragstellung hinaus, tätig wird, z.B. weil er Rückfragen des Gerichts noch beantwortet.
Rz. 506
Nach Ansicht von Müller-Rabe führt eine Begründung des Antrags (ob kurz oder lang) noch nicht zur vollen 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG. Es bleibt vielmehr auch dann bei einer 0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG. Geht die Tätigkeit des Rechtsanwalts über die bloße Antragstellung (und ggf. Begründung) hinaus, weil das Gericht weitere Ausführungen verlangt, ist nach Ansicht von Müller-Rabe der Anfall einer 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG gegeben. Gleiches gilt auch, wenn der Anwalt nach einem Aufklärungsbeschluss weiter vorträgt. Die mögliche Folge, dass der Anwalt, der zunächst den Antrag "schlampig" begründet, mehr verdient, als der sorgfältig arbeitende Anwalt, muss nach Ansicht von Müller-Rabe hingenommen werden.
Rz. 507
Muster 58: Musterrechnung 5.58: Antrag an das Familiengericht – mit weiterem Sachvortrag
Musterrechnung 5.58: Antrag an das Familiengericht – mit weiterem Sachvortrag
Rechtsanwältin A beantragt beim Familiengericht, den Kauf für ein minderjähriges Kind zu genehmigen. Das Gericht hält den Antrag nicht hinreichend substantiiert begründet und fordert weiteren Sachvortrag, der erfolgt. Anschließend ergeht antragsgemäß ein Beschluss. Die Sache ist damit erledigt. Der Gegenstandswert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
Gegenstandswert: 4.000,00 EUR
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG |
361,40 EUR |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
381,40 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
72,47 EUR |
Summe |
453,87 EUR |
Rz. 508
Nach Abs. 2 der Anmerkung zu Nr. 3101 VV RVG ist jedoch Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG in streitigen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, insbesondere in Familiensachen, nicht anzuwenden. Dies bedeutet, dass beispielsweise im Sorgerechtsverfahren eine 1,3 Verfahrensgebühr entsteht und Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG hier nicht zur Anwendung kommt. Dementsprechend hat das OLG Nürnberg auch entschieden, dass in einem streitigen Sorgerechtsverfahren eine 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG entsteht. Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG gilt hier nicht. Musterrechnungen zum Sorgerecht, siehe z.B. Rdn 334 und 592 in diesem Kapitel.