Rz. 357
2017 hat der BGH durch seine Entscheidung zur Wirksamkeit eines Beschlussvergleichs i.S.d. § 278 Abs. 6 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 FamFG für Rechtssicherheit in einem wichtigen Thema gesorgt.
Zitat
"Auf einen gerichtlich festgestellten Vergleich nach § 278 VI ZPO findet § 127 a BGB entsprechende Anwendung."
Rz. 358
Im vorliegenden Fall hatten die beteiligten Ehegatten eine Scheidungsfolgenvereinbarung geschlossen, deren Zustandekommen durch das Familiengericht gem. § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 278 Abs. 6 ZPO im Beschlusswege (ohne Termin) festgestellt wurde. Unter anderem war in dieser Vereinbarung der Verzicht auf Zugewinnausgleichsansprüche geregelt. Trotz dieses Vergleichs reichte der frühere Ehemann später einen Stufenantrag wg. Zugewinnausgleich ein und berief sich darauf, dass er zum einen den Vergleich angefochten habe, dieser aber auch nicht formwirksam zustande gekommen sei. Die Entscheidung des BGH ist erfreulich, denn mir ihr hat der BGH bestätigt, dass ein auf diese Weise zustande gekommener Vergleich grundsätzlich wirksam ist. Durch die Beschlussfassung nach § 278 Abs. 6 ZPO wurde die für einen Vergleich über Zugewinnausgleichsansprüche vor der Scheidung erforderlich notarielle Beurkundung (§ 1378 Abs. 3 S. 2 BGB) in analoger Anwendung des § 127a BGB ersetzt.
Rz. 359
Durch die Entscheidung des BGH ist klargestellt, dass ein Termin zur Protokollierung eines Vergleichs nicht mehr erforderlich ist, da § 278 Abs. 6 ZPO, der über § 113 Abs. 1 FamFG auch für Familienstreitsachen zur Anwendung kommt, die notarielle Beurkundung ebenso ersetzen kann, wie ein protokollierter Vergleich. Betroffen sein können von dieser BGH-Entscheidung somit Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich nach § 7 Abs. 1 VersAusglG; Regelungen zum Zugewinn vor Rechtskraft der Scheidung nach § 1378 Abs. 3 S. 2 BGB; aber auch Grundstücksgeschäfte gem. § 311b Abs. 1 BGB.
Rz. 360
Praxistipp
Handelt es sich um ein Verfahren, für das die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, kann neben der Terminsgebühr auch eine Einigungsgebühr nach Abs. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG entstehen. Soweit es sich um einen Gegenstand handelt, für den die mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist, empfiehlt es sich, den Vergleichsvorschlag nicht lediglich schriftlich auszuhandeln, sondern vielmehr telefonisch oder persönlich zu besprechen, siehe dazu auch Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV RVG sowie die Ausführungen zur Terminsgebühr ab Rdn 516 ff. in diesem Kapitel.
Rz. 361
Vorsicht!
Sofern Einigung und Auflassung erklärt werden sollen, ist gem. § 925 Abs. 1 BGB die Anwesenheit beider Vertragspartner erforderlich, so dass in solchen Fällen ein Beschlussvergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO ausscheidet. Da eine Auflassung bedingungsfeindlich ist, hat sie auch in einer Scheidungsfolgenvereinbarung "für den Fall der Scheidung" nichts zu suchen. Denkbar wäre eine entsprechende Regelung in einem isolierten Zugewinnausgleichsverfahren nach erfolgter Scheidung. Auch bei einer Vereinbarung über die güterrechtlichen Verhältnisse wäre die Anwesenheit beider Vertragsparteien gem. § 1410 BGB erforderlich; auch, wenn gleichzeitig eine Regelung zum Versorgungausgleich getroffen werden soll, § 7 Abs. 3 VersAusglG. Zwar wird angenommen, dass die Verfahrensvollmacht auch die Vollmacht zum Abschluss solcher Handlungen beinhaltet; dies ist m.E. jedoch in Zweifel zu ziehen. Nach meiner Auffassung ist für eine derartige Erklärung die Vorlage jeweils einer Handlungsvollmacht gegenüber der Gegenseite im Original erforderlich; im elektronischen Zeitalter eine weitere Hürde, die genommen werden muss. In der Praxis finden sich auch häufig nur wenig Richter, die derartige – an sich notariell zu beurkundende – Erklärungen protokollieren wollen und verweisen gerne auf den Besuch beim Notar. Insofern ist es Sache des sachbearbeitenden Anwalts zu entscheiden, welche Rechtsgeschäfte mit der Scheidungsfolgenvereinbarung abgeschlossen werden sollen, wie diese formell wirksam abgeschlossen werden können und welchen Weg von ggf. mehreren gangbaren Wegen man mit dem Mandanten gehen möchte.