Rz. 498
"In diesem Verfahren nicht rechtshängig" heißt, dass die Ansprüche, die mitverglichen werden, in diesem Verfahren nicht mit geltend gemacht worden sein müssen oder aber überhaupt noch nicht geltend gemacht wurden. Die Ansprüche können somit in einem anderen Verfahren geltend gemacht worden sein.
Rz. 499
Soweit in den Fällen der Differenzverfahrensgebühr der sich nach § 15 Abs. 3 RVG ergebende Gesamtbetrag der Verfahrensgebühren die Nr. 3100 VV RVG übersteigt, wird der übersteigende Betrag auf eine Verfahrensgebühr angerechnet, die wegen desselben Gegenstands in einer anderen Angelegenheit entsteht, Abs. 1 der Anmerkung zu Nr. 3101 VV RVG. Mit dieser Formulierung will der Gesetzgeber vermeiden, dass der Rechtsanwalt nur die Höhe der Differenzverfahrensgebühr anzurechnen hat, die er auch tatsächlich erhält. Andernfalls hätte er mehr anzurechnen, als er dem Mandanten tatsächlich in Rechnung stellt.
Rz. 500
Muster 55: Musterrechnung 5.55: Anrechnung der Differenzverfahrensgebühr bei Parallelverfahren
Musterrechnung 5.55: Anrechnung der Differenzverfahrensgebühr bei Parallelverfahren
Geht man davon aus, dass im Fall der Musterrechnung Nr. 53 die Antragstellerin wg. der Ansprüche von 45.000,00 EUR voll obsiegt hätte, liegt es relativ nahe, dass nunmehr auch der zunächst nicht gerichtlich geltend gemachte Betrag von 100.000,00 EUR noch eingeklagt wird. Angenommen, es käme in diesem Verfahren zu einem weiteren Termin, sind die entsprechenden Anrechnungsvorschriften zu beachten. Die Abrechnung des zweiten Verfahrens würde nun wie folgt gestellt werden:
Gegenstandswert:
Zugewinnausgleich: 100.000,00 EUR, §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 35 FamGKG
1,3 Verfahrensgebühr aus 100.000,00 EUR Nr. 3100 VV RVG |
2.151,50 EUR |
abzüglich 0,8 Verfahrensgebühr aus 100.000,00 EUR = 1.324,00 EUR, jedoch wg. § 15 Abs. 3 RVG im Parallelverfahren gekürzt auf ./. |
960,70 EUR |
Zwischensumme |
1.190,80 EUR |
1,2 Terminsgebühr aus 100.000,00 EUR nach Anrechnung gem. Abs. 2 der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG (Nebenrechnung: Erhalten im ersten Verfahren 1,2 Terminsgebühr aus 145.000,00 EUR = 2.324,40 EUR. Ohne Beteiligung der 100.000,00 EUR, die in diesem zweiten Verfahren geltend gemacht worden sind, hätte RA erhalten 1,2 TG aus 45.000,00 EUR = 1.437,60 EUR, somit hat er mehr erhalten: 886,80 EUR, so dass die Terminsgebühr, die der RA in diesem zweiten Verfahren erhält, um diesen Betrag zu kürzen ist. 1,2 TG aus 100.000,00 EUR = 1.986,00 EUR, abzgl. 886,80 EUR = Nr. 3104 VV RVG (Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG) |
1.099,20 EUR |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
2.310,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
438,90 EUR |
Summe |
2.748,90 EUR |
Zum Gegenstandswert siehe § 4 Rdn 192 in diesem Werk. Zur Anrechnung der Differenzverfahrensgebühr vgl. Rdn 499; zur Anrechnung der Terminsgebühr vgl. Rdn 614 in diesem Kapitel.
Rz. 501
Sind Ansprüche teilweise in 1. und teilweise in 2. Instanz anhängig und kommt es in einem Verfahren zu einer Einigung, mit der beide Verfahren sich erledigen, kann sich folgende Berechnung ergeben:
Muster 56: Musterrechnung 5.56: Anrechnung der Differenzverfahrensgebühr bei Parallelverfahren in 2. Instanz
Musterrechnung 5.56: Anrechnung der Differenzverfahrensgebühr bei Parallelverfahren in 2. Instanz
Verfahren A – Anhängig 4.000,00 EUR, Termin. Verfahren B – Anhängig 6.000,00 EUR in 2. Instanz. Bisher kein Termin in Verfahren B. Im Termin in Verfahren A Vergleichsabschluss, Verhandlung auch über die Ansprüche, die in Verfahren B anhängig sind. Sodann Einigung und Erledigung aller Ansprüche aus Verfahren A und B.
Abrechnung Verfahren A:
Verfahrenswert: 4.000,00 EUR
1,3 Verfahrensgebühr aus 4.000,00 EUR Nr. 3100 VV RVG |
361,40 EUR |
0,8 Verfahrensgebühr aus 6.000,00 EUR Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG |
312,00 EUR |
nach § 15 Abs. 3 RVG: höchstens 1,3 aus 10.000,00 EUR (= 798,20 EUR) – keine Kürzung 1,2 Terminsgebühr aus 10.000,00 EUR Nr. 3104 VV RVG |
736,80 EUR |
1,0 Einigungsgebühr aus 4.000,00 EUR Nr. 1003 VV RVG = |
278,00 EUR |
1,3 Einigungsgebühr aus 6.000,00 EUR Nr. 1004 VV RVG |
507,00 EUR |
nach § 15 Abs. 3 RVG: höchstens 1,3 aus 10.000,00 EUR = 798,20 EUR – keine Kürzung |
|
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
2.215,20 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
420,89 EUR |
Summe |
2.636,09 EUR |
Abrechnung Verfahren B: Gegenstandswert: 6.000,00 EUR 1,6 Verfahrensgebühr aus 6.000,00 EUR Nr. 3200 VV RVG |
624,00 EUR |
abzüglich 0,8 Verfahrensgebühr aus 6.000,00 EUR (nach Abs. 1 der Anm. zu Nr. 3101 VV) ./. |
312,00 EUR |
Zwischensumme |
312,00 EUR |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
332,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
63,08 EUR |
Summe |
395,08 EUR |
Zur Anrechnung der Differenzverfahrensgebühr vgl. Rdn 499 oben.