A. Verjährung

 

Rz. 1

Im Interesse von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden wäre es nicht tragbar, entstandene Ansprüche "ewig" durchsetzbar bleiben zu lassen. Ansprüche unterliegen daher der Verjährung (§ 194 BGB).

I. Wirkung der Verjährung

 

Rz. 2

Der Verjährung unterliegt, soweit gesetzlich angeordnet, das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (§ 194 BGB). Tun ist dabei jede denkbare Handlung, die verlangt werden kann, so z.B. eine Zahlung, die Herstellung eines Werkes etc. Unterlassen ist das Gegenteil von Tun, eine Handlung soll unterlassen werden.

 

Rz. 3

Ist die Verjährung eines Rechts eingetreten, so folgt für den Anspruchsgegner hieraus das Recht, die Leistung zu verweigern (§ 214 BGB). Dies heißt jedoch nicht, dass das Recht ohne Weiteres erlischt, es ist lediglich nicht mehr durchsetzbar. Wird also auf einen verjährten Anspruch geleistet, so erfolgt die Leistung nicht rechtsgrundlos, da das verjährte Recht den Grund für die Leistung bildet. Der Anspruchsinhaber ist aber nicht mehr in der Lage, den Anspruch in einem gerichtlichen Verfahren durchzusetzen Sobald der Gegner die Verjährung einwendet, muss das Gericht zunächst prüfen, ob der Anspruch tatsächlich verjährt ist und dann ggf. die auf die Erfüllung des verjährten Anspruchs gerichtete Klage abweisen.

Das Gericht beachtet die Verjährung nur dann, wenn sie im Verfahren als Einrede geltend gemacht wird, d.h. die Verjährung ausdrücklich eingewandt wird. Wird die Einrede nicht erhoben, wird der geltend gemachte Anspruch zugesprochen, sofern er im Übrigen begründet ist.

II. Eintritt der Verjährung

 

Rz. 4

Die einzelnen Verjährungsfristen sind in den §§ 195 ff. BGB geregelt.

Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Von dieser Regel enthalten die §§ 196, 197 BGB Ausnahmen. So verjähren Ansprüche aus Rechten an einem Grundstück innerhalb von zehn Jahren. 30 Jahre beträgt die Verjährungsfrist für Herausgabeansprüche aus Eigentum oder anderen dinglichen Rechten, für rechtskräftig festgestellte Ansprüche sowie für Ansprüche aus Urteilen gleichstehenden Vollstreckungstiteln. Für regelmäßig wiederkehrende Ansprüche, wie z.B. Unterhaltsansprüche, gilt die Sonderbestimmung des § 197 Abs. 2 BGB.

 

Beispiel

Der Ehemann hat für Juni 2016 keinen Unterhalt gezahlt. Die Forderung der Ehefrau auf Zahlung des Unterhalts verjährt in der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist (§§ 195, 197 Abs. 2 BGB). Die Verjährungsfrist beginnt am 1.1.2017 um 0:00 Uhr zu laufen, sie endet damit am 31.12.2019 um 24:00 Uhr. Somit unterliegt die Verjährung zukünftiger titulierter und auch nicht titulierter Unterhaltsansprüche der dreijährigen Frist. Gleiches gilt für nichttitulierte Unterhaltsrückstände. Demgegenüber verjähren titulierte Unterhaltsrückstände innerhalb von 30 Jahren.

III. Beginn der Verjährung und Verjährungshöchstgrenzen

 

Rz. 5

Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und dem Schuldner Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste, § 199 Abs. 1 BGB.

 

Rz. 6

Ausnahmen hierzu sind die in § 199 Abs. 2 BGB genannten Schadensersatzansprüche, die innerhalb von dreißig Jahren nach Begehung der sie auslösenden Handlung verjähren, und zwar unabhängig von der Kenntnis des Anspruchsinhabers.

 

Rz. 7

Nach § 199 Abs. 3 und 4 BGB verjähren andere als die in Abs. 2 dieser Vorschrift genannte Schadensersatzansprüche, und zwar unabhängig von der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis, spätestens zehn Jahre nach ihrem Entstehen oder 30 Jahre nach Begehung der Handlung. Maßgeblich ist insoweit die früher beginnende Frist, § 199 Abs. 3 BGB.

Andere als Schadensersatzansprüche verjähren unabhängig von der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis nach zehn Jahren ab deren Entstehen.

IV. Hemmung der Verjährung

 

Rz. 8

Von Hemmung der Verjährung spricht man, wenn die gesetzlich festgelegte Verjährungsfrist nicht durchgehend läuft, sondern durch besondere Ereignisse vorübergehend in ihrem Ablauf gestoppt wird.

Zur Hemmung führen Verhandlungen über den Anspruch, § 203 BGB, sowie die Rechtsverfolgung des Anspruchs mit den in § 203 BGB genannten Mitteln. Wie bisher führt auch ein bestehendes Leistungsverweigerungsrecht zur Hemmung, § 205 BGB.

Nach Wegfall des hemmenden Ereignisses läuft die sozusagen "aufgestaute" Frist weiter, d.h., der nicht verbrauchte Teil der Frist muss noch ablaufen, bevor die Verjährung eintritt.

Besonderheiten gelten dabei für die Hemmung infolge von Verhandlungen. Die Verjährung tritt hier frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein, § 203 S. 2 BGB.

Für die Hemmung infolge Rechtsverfolgung gilt, dass sie frühestens sechs Monate nach den sich aus § 204 Abs. 2 BGB ergebenden Zeitpunkten endet.

V. Neubeginn der Verjährung

1. Wirkung

 

Rz. 9

Vom Neubeginn der Verjährung spricht man dann, wenn durch ein Ereignis die laufende Verjährungsfrist insgesamt abgebrochen wird und nach Wegfall des Ereignisses völlig neu zu laufen beginnt, § 212 Abs. 1 BGB.

2. Gründe für den Neubeginn

 

Rz. 10

Gründe für den Neubeginn sind insbesondere das Anerkenntnis des Anspruchs durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder i...

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