André Schah-Sedi, Dr. Michael Nugel
Rz. 100
Gem. § 79 Abs. 3 OWiG gelten für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren die Vorschriften der StPO und des GVG über die Revision entsprechend.
Gem. § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 341 Abs. 1 StPO beträgt die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde eine Woche nach Verkündung des Urteils. Gem. § 79 Abs. 4 OWiG beginnt die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde bei Abwesenheit des Betroffenen mit der Zustellung der Entscheidung.
War der abwesende Betroffene jedoch in der Hauptverhandlung durch einen schriftlich bevollmächtigten Verteidiger vertreten, beginnt die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde bereits mit der Verkündung der Entscheidung, vgl. § 79 Abs. 4 OWiG.
Rz. 101
Die Rechtsbeschwerde ist bei Gericht entweder schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen.
Es gibt die nichtzulassungsbedürftige Rechtsbeschwerde gem. § 79 OWiG und die zulassungsbedürftige Rechtsbeschwerde gem. § 80 OWiG.
Ist gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als 250,00 EUR festgesetzt worden oder ist gegen den Betroffenen eine Nebenfolge, insbesondere ein Fahrverbot, angeordnet worden, ist die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gem. § 79 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 OWiG ohne weitere Zulassung zulässig.
Liegt kein Fall der nichtzulassungsbedürftigen Rechtsbeschwerde gem. § 79 OWiG vor, bedarf die Rechtsbeschwerde gem. § 80 Abs. 1 OWiG einer besonderen Zulassung.
Die Zulassungsrechtsbeschwerde gem. § 80 OWiG enthält u.a. drei Fallgruppen:
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die Zulassungsrechtsbeschwerde wegen formellen und materiellen Verfahrensfehlern bei einer Verurteilung zu einem Bußgeld von über 100 EUR bis 250 EUR gem. § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG; |
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die Zulassungsrechtsbeschwerde bei Verurteilung zu einem Bußgeld von bis zu 100 EUR gem. § 80 Abs. 2 OWiG; |
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die Zulassungsrechtsbeschwerde wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs gem. § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG. |
Rz. 102
Bei der Zulassungsrechtsbeschwerde gem. § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG, also bei der Verurteilung zu einer Geldbuße von über 100 EUR bis 250 EUR, lässt das Beschwerdegericht auf Antrag die Rechtsbeschwerde zu, wenn die Rechtsbeschwerde die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ermöglicht. Eine Entscheidung ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nur dann erforderlich, wenn sonst schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen würden.
Bei der Zulassungsrechtsbeschwerde gem. § 80 Abs. 2 OWiG, also bei der Verurteilung zu einer Geldbuße von bis zu 100 EUR, wird die Rechtsbeschwerde in zwei entscheidenden Punkten eingeschränkt. Erstens können hier Verstöße gegen formelles Recht nicht gerügt werden und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist hier kein Zulassungsgrund.
Rz. 103
Als Zulassungsgrund dieser Rechtsbeschwerde bei Verurteilung zu nicht mehr als 100 EUR Bußgeld kommt daher nur die Fortbildung des Rechts in Frage. Eine Fortbildung des Rechts ist gegeben, wenn bei der Auslegung von materiellem bzw. Verfahrensrecht oder bei rechtsschöpferischer Ausfüllung von Gesetzeslücken Leitsätze aufzustellen und zu festigen sind.
Die Zulassungsrechtsbeschwerde wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG ist ohne Rücksicht auf die Höhe der Geldbuße zulässig.
Gem. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 1 StPO ist die Rechtsbeschwerde zu begründen. Hierbei ist ein Rechtsbeschwerdeantrag sowie die Erhebung und Begründung von Sachrügen und/oder Verfahrensrügen erforderlich.
Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss schriftlich durch einen Rechtsanwalt oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erfolgen. Die Frist zur Rechtsbeschwerdebegründung beträgt einen Monat.