Rz. 110
Die Pfändung von Arbeitseinkommen verspricht neben der Kontopfändung den besten und erfolgreichsten Zugriff auf das Vermögen des Schuldners. Grund hierfür ist die Tatsache, dass viele Schuldner einer Erwerbstätigkeit nachgehen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Arbeitseinkommen i.S.d. § 850 ZPO ist jedes wiederkehrende zahlbare Entgelt für persönliche Arbeits- und Dienstleistungen, ohne dass ein arbeitsrechtliches Abhängigkeitsverhältnis bestehen muss. Das amtliche Formular verweist auf § 850 ZPO, lässt aber die dort nicht genannten Ansprüche auf Kurzarbeitergeld und eine Abfindung anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unerwähnt. Diese Ansprüche sollten deshalb im Formular ergänzt werden. Auch wenn möglicherweise die Rechtsprechung davon ausgeht, dass diese Ansprüche mitgepfändet sind, ist dies jedenfalls für den Drittschuldner nicht ohne Weiteres zu erkennen. Es sollte deshalb kein Risiko eingegangen werden. Mehrere Arbeitseinkommen sind nach § 850e ZPO ebenso zusammenzurechnen wie Geldeinkommen und Naturalleistungen (Kost, Logis, Dienstwagen, Handy, Laptop oder PC etc.). Da das Arbeitseinkommen im Regelfall dem Unterhalt des Schuldners und seiner Familie dient, sind für die Pfändung von Arbeitseinkommen die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO zu beachten. Leistet der Schuldner keinen Unterhalt oder verdient die unterhaltsberechtigte Person – insbesondere der Ehegatte und/oder die Kinder – selbst, kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers anordnen, dass sie bei der Berechnung unberücksichtigt bleibt, § 850c Abs. 6 ZPO. Durch die Dynamisierungsregelung hinsichtlich der Beträge des § 850c Abs. 1 und 2 ZPO soll eine regelmäßige Anpassung der Pfändungsfreigrenzen an die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung sichergestellt werden. Es wird regelmäßig entsprechend der im Vergleich zum jeweiligen Vorjahreszeitraum sich ergebenden prozentualen Entwicklung des Grundfreibetrages nach § 32a Abs. 1 EStG eine Angleichung erfolgen (vgl. § 850c Abs. 4 S. 2 ZPO), zuletzt zum 1.7.2021. Zum 1.7.2021 wurden die Pfändungsfreigrenzen letztmalig nach zwei Jahren erhöht. Ab diesem Zeitpunkt erfolgt die Erhöhung jährlich. Daneben enthält § 850a ZPO einen Katalog von Bezügen, die wegen ihrer Zweckbestimmung oder aus sozialpolitischen Gründen der Pfändung schlechthin entzogen sind. Hierzu gehören z.B. die Hälfte des Überstundenlohns, Aufwandsentschädigungen, Beihilfen und Stipendien. Gem. § 850d Abs. 1 S. 2 ZPO sind diese Bezüge teilweise für den Zugriff durch bevorrechtigte Unterhaltsgläubiger pfändbar. Die vollen Pfändungsfreigrenzen gelten ebenfalls nicht, wenn die Vollstreckungsforderung (auch) aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung stammt, § 850f Abs. 2 ZPO. Die Pfändungsfreigrenzen können bei einem Sonderbedarf des Schuldners aber auch angehoben werden, § 850f Abs. 1 ZPO.
Endet das Arbeits- oder Dienstverhältnis, endet grds. die Wirkung der Pfändung von Lohnansprüchen. Gem. § 833 Abs. 2 ZPO gilt dies aber dann nicht, wenn der Schuldner und Drittschuldner innerhalb von neun Monaten ein neues Arbeits- oder Dienstverhältnis begründen.
Weitere Möglichkeiten des Gläubigers zur Beeinflussung der Höhe des zu pfändenden Betrages ergeben sich aus den Regelungen der §§ 850c Abs. 6, 850e Nr. 4 und 850h Abs. 2 ZPO. Für den Schuldner besteht die Antragsmöglichkeit nach § 850f Abs. 1 ZPO, wenn etwa besondere persönliche oder berufliche Bedürfnisse eine Anhebung des Pfändungsfreibetrages als notwendig und dem Gläubiger zumutbar erscheinen lassen.