A. Einleitung
Rz. 1
Der Erbe ist nicht gezwungen, die Erbschaft anzunehmen. Zwar fällt ihm der Nachlass ohne weitere Erklärung zu, § 1922 BGB, der Erbe kann aber im Nachhinein ausschlagen, §§ 1942, 1944, 1945 BGB.
Eine Ausschlagung ist nach § 1943 BGB nicht mehr möglich, wenn
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die Erbschaft angenommen wurde oder |
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die Ausschlagungsfrist verstrichen ist. |
Während es sich bei der Annahme um eine formlose, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, sind bei der Ausschlagung sowohl die Form als auch die Wahl des richtigen Adressaten zu beachten.
I. Annahme der Erbschaft
Rz. 2
Die Annahme der Erbschaft kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent erklärt werden. So reicht z.B. die Erklärung gegenüber einem Gläubiger, einem Miterben oder dem Nachlassgericht. Sogar die Abgabe von Verkaufsangeboten und das Anbieten eines Nachlassgrundstückes über einen Makler können eine konkludente Erbschaftsannahme bedeuten. Auch die Stellung eines Erbscheinantrags oder ein Erbschaftsverkauf sind als Annahme zu werten.
II. Ausschlagung der Erbschaft
Rz. 3
Dagegen stellt die Ausschlagung eine einseitige form- und fristgebundene Willenserklärung des Ausschlagungsberechtigten dar. Dabei sind die allgemeinen Voraussetzungen für Willenserklärungen, §§ 104 ff. BGB, und die §§ 1944, 1945 BGB im Besonderen zu beachten. Der Erbe muss voll geschäftsfähig sein.
III. Muster: Ausschlagung der Erbschaft durch gesetzlichen Erben
Rz. 4
Muster 6.1: Ausschlagung der Erbschaft durch gesetzlichen Erben
Muster 6.1: Ausschlagung der Erbschaft durch gesetzlichen Erben
An das
Amtsgericht
– Nachlassgericht –
_________________________
Am _________________________ ist, wie Sie aus beiliegender Sterbeurkunde ersehen können, mein Vater _________________________, zuletzt wohnhaft _________________________, verstorben. Über eine Verfügung von Todes wegen ist mir nichts bekannt. Mein Vater war verwitwet und hatte keine anderen Abkömmlinge. Ich selbst habe ebenfalls keine Abkömmlinge.
Ich schlage die Erbschaft aus allen Berufungsgründen aus.
Der Wert des Nachlasses ist mir nicht bekannt, ich gehe aber davon aus, dass er überschuldet ist.
(Unterschrift)
(Notarielle Unterschriftsbeglaubigung)
Rz. 5
Die Erklärung der Ausschlagung durch einen Bevollmächtigten ist möglich; jedoch muss dann die Vollmacht in öffentlich beglaubigter Form innerhalb der Ausschlagungsfrist nachgewiesen werden, § 1945 Abs. 3 BGB. Inhaltlich ist eine allgemeine Bevollmächtigung ausreichend, sofern die Befugnis zu einer Ausschlagung der Erbschaft nicht ausgeschlossen ist. Die Ausschlagungsfrist beginnt in den Fällen der Ausschlagung durch den Bevollmächtigten soweit die Voraussetzungen für den Fristlauf beim Erben selbst und beim Bevollmächtigten verschieden sind, mit dem früheren Ereignis zu laufen.
IV. Muster: Ausschlagung durch einen Bevollmächtigten
Rz. 6
Muster 6.2: Ausschlagung durch einen Bevollmächtigten
Muster 6.2: Ausschlagung durch einen Bevollmächtigten
An das
Amtsgericht
– Nachlassgericht –
_________________________
Ausschlagung der Erbschaft
Nachlasssache _________________________
Am _________________________ verstarb in _________________________, seinem letzten Wohnsitz, wo er auch seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Der Erblasser war verwitwet und hinterließ außer seinem Sohn, Herrn _________________________, keine Abkömmlinge. Verfügungen von Todes wegen sind nicht bekannt.
Namens und in Vollmacht des Sohnes _________________________ (notarielle Vollmacht ist beigefügt) schlage ich die ihm angefallene Erbschaft aus allen Berufungsgründen aus.
(Rechtsanwalt)
(Notarielle Unterschriftsbeglaubigung)
B. Zuständiger Adressat der Ausschlagungserklärung
I. Sachliche Zuständigkeit
Rz. 7
Gemäß § 1945 Abs. 1 BGB erfolgt die Ausschlagung gegenüber dem Nachlassgericht.
II. Örtliche Zuständigkeit
Rz. 8
Die örtliche Zuständigkeit des Nachlassgerichts bestimmt sich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt, den der Erblasser zur Zeit des Erbfalls hatte, §§ 343, 344 Abs. 7 FamFG; daneben ist für die Ausschlagung auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Ausschlagende seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
III. Internationale Zuständigkeit
Rz. 9
Auch für die internationale Zuständigkeit ist der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers bzw. der gewöhnliche Aufenthalt des Ausschlagenden maßgeblich, Art. 4, 13 EuErbVO, § 31 IntErbRVG.
IV. Funktionelle Zuständigkeit
Rz. 10
Zuständig für die Entgegennahme und die Beurkundung der Ausschlagung ist beim Amtsgericht der Rechtspfleger, § 3 Nr. 1 lit. f RPflG.
V. Zuständigkeitsverstöße
Rz. 11
Nachdem die Ermittlung des örtlich zuständigen Gerichts nicht immer einfach ist, stellt sich die Frage, welche Konsequenzen es nach sich zieht, wenn die Ausschlagung beim unzuständigen Nachlassgericht erklärt wird. Dies ist vor allem dann von Bedeutung, wenn die Ausschlagungserklärung dem zuständigen Gericht erst nach Fristablauf zugeht.
1. Amtshilfe
Rz. 12
Kein Fall der Unzuständigkeit liegt vor, wenn ein an sich unzuständiges Nachlassgericht vom zuständigen im Wege der Amtshilfe ersucht wird, die Erklärung entgegenzunehmen.
2. Unzuständigkeit
Rz. 13
Ansonsten ist zu differenzieren:
Nimmt ein örtlich unzuständiges Gericht die Erklärung entgegen, ohne den Erklärenden auf die Unzuständigkeit hinzuweisen, und geht die Erklärung beim zust...