An das
Amtsgericht
– Nachlassgericht –
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Nachlasssache _________________________
Az. _________________________
Mit der am _________________________ beim Nachlassgericht eingegangenen Anfechtungserklärung hat die hierzu als Erbin der Tochter der Erblasserin berechtigte Beteiligte zu 1 (§ 2080 Abs. 1 BGB) gegenüber dem Nachlassgericht (§§ 2081 Abs. 1, 2082 Abs. 1 und 2 BGB) behauptet, die von der Erblasserin im notariellen Testament vom _________________________ verfügte Nacherbeneinsetzung des Beteiligten zu 2 sei von einer irrigen Annahme oder Erwartung der Erblasserin beeinflusst gewesen. Sie hat sich damit auf einen Motivirrtum der Erblasserin berufen, der gem. § 2078 Abs. 2 BGB mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit (§ 142 Abs. 1 BGB) zur Anfechtung einzelner im Testament enthaltener Verfügungen (vgl. BGH NJW 1985, 2025, 2026; BayObLG ZEV 1994, 369, 370) berechtigt.
Die Anfechtung wegen Motivirrtums im Sinne von § 2078 Abs. 2 BGB kann aber nur auf solche irrige Vorstellungen und Erwartungen gestützt werden, die die Erblasserin im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments tatsächlich gehabt hat; dazu gehören auch Vorstellungen und Erwartungen, die sie zwar nicht in ihr Bewusstsein aufgenommen, aber als selbstverständlich ihrer Verfügung zugrunde gelegt hat (BGH NJW-RR 1987, 1412, 1413; BayObLGZ 1993, 248, 252 m.w.N.; MüKo-BGB/Leipold, § 2078 Rn 26 f.). § 2078 Abs. 2 BGB verlangt, dass der zur Anfechtung berechtigende Umstand der bewegende Grund für den letzten Willen war (BGH a.a.O. m.w.N.). Der Irrtum muss für die letztwillige Verfügung ursächlich, das heißt bestimmend oder zumindest derart mitbestimmend sein, dass die Erblasserin sie ohne die irrige Vorstellung nicht getroffen hätte (vgl. BayObLGZ 1971, 147,150; Grüneberg/Weidlich, § 2078 BGB Rn 9 m.w.N.). Die materielle Beweislast für die Feststellung der anfechtungsbegründenden Tatsachen (Beweggrund und Kausalität) hat der Anfechtende zu tragen.
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass die Erblasserin den Beteiligten zu 2 nur deshalb zum Nacherben eingesetzt hat, weil er ihr versprochen habe, bestimmte Dienstleistungen, insbesondere für ihre Tochter zu erbringen. Bei der Testamentsanfechtung bedarf es – im Gegensatz zu der einer Anfechtung vorgehenden Auslegung (vgl. Grüneberg/Weidlich, § 2078 BGB Rn 1) – für die Berücksichtigung der Vorstellungen der Erblasserin keines Anhaltspunktes im Testament (vgl. Staudinger/Otte, § 2078 BGB Rn 24 m.w.N.). Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass die Erblasserin in ihrem notariellen Testament den Beteiligten zu 2 eindeutig und ohne jede Begründung als ihren Nacherben (§ 2100 BGB) eingesetzt hat (§ 1937 BGB) und nicht die Gestaltungsmöglichkeiten gewählt hat, die Nacherbeneinsetzung von einer Bedingung (§§ 2074, 2075 BGB) abhängig zu machen oder mit einer Auflage (§ 2194 BGB) zu verbinden.
(Rechtsanwalt)