Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
Rz. 182
Beim Nießbrauch am Nachlass handelt es sich um eine Form des Vermögensnießbrauchs, mithin einen Nießbrauch an den einzelnen Nachlassgegenständen, wobei dieser jeweils nach den für sie geltenden Vorschriften bestellt wird. Der Nießbrauch erlischt auch nicht durch Ausscheiden einzelner Gegenstände aus dem Nachlass, insbesondere besteht keine dingliche Surrogation bezüglich der Ersatzgegenstände. An diesen kann ein weiterer Nießbrauch nur durch ein weiteres Vermächtnis bestellt werden.
Rz. 183
Abgegrenzt werden muss der Nießbrauch am Nachlass zum Nießbrauch an Erbteilen, insbesondere wegen der unterschiedlichen Bestellung, Wirkung und Nachlassauseinandersetzung. Die Bestellung des Nießbrauchs am Erbteil erfolgt durch notarielle Beurkundung gemäß §§ 1069, 2033 Abs. 1 BGB.
Rz. 184
Beim Nießbrauch am Nachlass können die Erben die Auseinandersetzung ohne den Nießbraucher vornehmen, wobei dessen Recht an den einzelnen Gegenständen auch nach der Teilung bestehen bleibt, während eine Auseinandersetzung beim Nießbrauch an allen Erbteilen nur mit Zustimmung des Nießbrauchers gemäß §§ 1068 Abs. 2, 1066 Abs. 2, und 1071 BGB möglich ist, weil mit Aufhebung der Erbengemeinschaft der Nießbrauch an den Erbteilen untergehen würde.
Rz. 185
Es sollte deshalb im Testament bzw. Erbvertrag klar bestimmt werden, welche der beiden Nießbrauchsarten zugewandt werden soll mit der Folge, dass derjenige, dem ein Nießbrauch am Nachlass vermacht ist, sich nicht darauf einlassen muss, dass die Erben ihm den Nießbrauch an den einzelnen Erbteilen bestellen.
Zu beachten ist, dass im Falle der Alleinerbschaft natürlich nur ein Nießbrauchsvermächtnis am Nachlass möglich ist, also an den einzelnen Nachlassgegenständen.
Rz. 186
Auch beim Nießbrauch am Nachlass gelten die allgemeinen Regeln, dass die Vorschriften über den Vermögensnießbrauch (§§ 1086 ff. BGB) nur dann anzuwenden sind, wenn für den wesentlichen Teil des Nachlasses der Nießbrauch bestellt wird. Andernfalls gelten für die Einzelgegenstände die Vorschriften über den Sach- bzw. Rechtsnießbrauch.
Rz. 187
Ist der Nießbrauch nur an einer Quote des Nachlasses zugewandt, so gelten dieselben Regeln wie bei einem Quotennießbrauch an einem Vermögen, § 1089 BGB (und damit die Haftungsvorschriften der §§ 1086–1088 BGB) ist also anwendbar, weil der Nießbrauch nur seinem Umfang nach begrenzt ist, nicht aber in Bezug auf den belasteten Gegenstand.
Rz. 188
Im Gegensatz dazu hat der Bruchteilsnießbrauch nicht die Anwendung der §§ 1086 ff. BGB zur Folge. Dies hat insbesondere zur Konsequenz, dass die besonderen Haftungsvorschriften der §§ 1086–1088 BGB beim Bruchteilsnießbrauch nicht anzuwenden sind – im Gegensatz zum Quotennießbrauch.