Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 28
Wurde die Klage dem Beklagten bereits zugestellt und erfüllt er danach die klägerische Forderung, gilt Folgendes. Üblicherweise erklärt der Kläger den Rechtsstreit (klageändernd) für erledigt, z.B.:
Formulierungsbeispiel
„In pp. hat der Beklagte am [...], mithin eine Woche nach Zustellung der Klage, die Forderung nunmehr beglichen. Ich erkläre daher den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.
Ich beantrage,
dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a Abs. 1 ZPO aufzuerlegen. Denn […].“
Rz. 29
Diese Erledigungserklärung ist so lange frei widerruflich, bis sich der Beklagte angeschlossen und das Gericht noch nicht entschieden hat. Kostenanträge der Parteien sind bei diesem Verfahren weitgehend üblich, aufgrund der Kostenentscheidung von Amts wegen jedoch entbehrlich.
Rz. 30
Eine Erledigungserklärung stellt das Gericht dem Beklagten mit einer Notfrist von zwei Wochen zu, dieser zuzustimmen oder zu widersprechen mit der Belehrung, dass der Rechtsstreit auch dann als für übereinstimmend für erledigt erklärt angesehen wird, wenn innerhalb der Frist nicht widersprochen wird, § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO. Im Falle einer übereinstimmenden Erledigung entscheidet das Gericht nach § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO durch Beschluss über die Kosten des Rechtsstreits nach summarischer Prüfung unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung trägt gewöhnlich diejenige Partei die Kosten des Rechtsstreits, welche nach den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen (§§ 91–97, 100, 101 ZPO) die Kosten bei einer streitigen Entscheidung nach dem ohne die Erledigung zu erwartenden Verfahrensausgang voraussichtlich zu tragen gehabt hätte. War die Klage zulässig und begründet, trägt regelmäßig der Beklagte (entsprechend § 91 Abs. 1 ZPO) auch im Rahmen des § 91a ZPO die Kosten, sofern nicht der Rechtsgedanke eines sofortigen Anerkenntnisses i.S.d. § 93 ZPO Platz greift.
Rz. 31
Fällt die Kostenentscheidung zum Nachteil des Klägers aus, könnte er aber weiterhin einen Anspruch darauf haben, dass der Beklagte ihm die Kosten erstattet. Das gilt speziell dann, wenn das Gericht in seinem Kostenbeschluss abgelehnt hat, die materielle Rechtslage zu prüfen. Hat das Gericht sogar auf die Möglichkeit verwiesen, einen etwaigen Anspruch auf Kostenerstattung im Klageweg durchzusetzen, entfaltet die Kostenentscheidung keine abschließende Wirkung. Diese Forderung muss der Kläger dann in einem neuen Prozess gegen den Beklagten durchsetzen.
Rz. 32
Erklären die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt oder widerspricht der Beklagte trotz Belehrung der klägerischen Erledigungserklärung nicht, sollten sie sich anstelle eines rechtsmittelfähigen Gerichtsbeschlusses nach § 91a Abs. 1 ZPO möglichst über eine Kostenübernahmeerklärung (zumeist des Beklagten) verständigen oder sich über die Kosten vergleichen.
Rz. 33
Wichtiger Tipp
Mit einem Verzicht auf eine Begründung der Kostenentscheidung verringern sich die Gerichtsgebühren von 3,0 auf 1,0 gemäß Nr. 1211 Nr. 4 KV GKG. Dies setzt aber voraus, dass
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eine Partei eine Kostenübernahmeerklärung abgibt oder dem Gericht eine von den Parteien vereinbarte Einigung über die Kostentragung mitgeteilt wird, |
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die Parteien auf eine Begründung des Beschlusses und |
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auf ein Rechtsmittel dagegen verzichten. |
Rz. 34
Eine Kostenübernahmeerklärung zur Verringerung der Gerichtskosten könnte besonders für den Beklagten angezeigt sein, der sich im Zahlungsverzug befand, damit Anlass zur Klageerhebung gab und erst nach Zustellung der Klage zahlte.
Rz. 35
Schließt sich der Beklagte der Erledigungserklärung nicht an und widerspricht dieser, liegt eine einseitige Erledigungserklärung vor. Der Kläger beantragt dann durch ein streitiges Urteil festzustellen, dass die Sache erledigt ist.
Formulierungsbeispiel
„In pp. hat der Beklagte am [...] gezahlt, sodass der Kläger seinen bisherigen Antrag nicht weiterverfolgt.
Ich beantrage nunmehr festzustellen,
dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. […]“
Rz. 36
Das Gericht hat dann zu prüfen, ob die Klage ursprünglich zulässig und begründet war und ein erledigendes Ereignis vorliegt, um dann durch ein streitiges Urteil festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. Anderenfalls weist es die Klage ab. Nur die einseitige Erledigung zwingt das Gericht im ordentlichen Streitverfahren – notfalls durch Beweisaufnahme – zur Prüfung, ob tatsächlich Erledigung eingetreten ist, also ob die zunächst zulässige und begründete Klage nachträglich nach Rechtshängigkeit gegenstandslos geworden ist. Die Kostenentscheidung ergeht dann nach § 91 Abs. 1 ZPO.