Rz. 83
Soll dem Nießbraucher an einem Einzelunternehmen der Vollrechtsnießbrauch eingeräumt werden, so ist hierzu eine Nießbrauchsbestellung an allen (einzelnen) Sachen, die zum Unternehmensvermögen gehören, nach den für sie jeweils geltenden Formvorschriften erforderlich. Der Nießbraucher betreibt sodann das Unternehmen für eigene Rechnung, ist aber gleichzeitig verpflichtet, es für den Eigentümer zu erhalten, damit dieser es nach Beendigung des Nießbrauchsrechts wieder übernehmen und fortführen kann. Im Ergebnis steht also dem Nießbraucher der Reingewinn des Unternehmens zu, der nach Abzug aller vom Nießbraucher zu tragenden Kosten verbleibt und sich nicht als ein Ertrag aus der Verwertung der Vermögenssubstanz darstellt. Vor diesem Hintergrund wäre beispielsweise die Vereinnahmung einer Versicherungsleistung für untergegangenes Anlagevermögen durch den Nießbraucher ausgeschlossen. Gleiches gilt für Gewinne aus der Veräußerung von zum Unternehmen gehörendem Anlagevermögen (nicht Umlaufvermögen).
Rz. 84
Der nicht dem Nießbraucher gebührende Gewinn verbleibt dem Eigentümer bzw. Besteller des Nießbrauchs. Grundsätzlich haben sowohl Nießbraucher als auch Besteller getrennte Rechnungslegungen vorzunehmen, um das auf sie jeweils entfallende Ergebnis zu ermitteln.
Rz. 85
Beim Ertragsnießbrauch steht dem Nießbraucher lediglich der Ertrag des Unternehmens zu. Das Unternehmen als solches wird aber grundsätzlich vom Eigentümer auf eigene Rechnung geführt. Bei der Bestimmung des auf den Nießbraucher entfallenden Ertrages ist – vorbehaltlich abweichender Parteivereinbarungen – ebenso zu verfahren wie bei einem Vollrechtsnießbrauch; Gewinne aus der Verwertung der Vermögenssubstanz stehen dem Nießbraucher also grundsätzlich nicht zu.
Rz. 86
In steuerlicher Hinsicht besteht aber aktuell die Problematik, dass der BFH im Falle der Übertragung eines gewerblichen Einzelunternehmens unter Nießbrauchsvorbehalt die Steuerneutralität (Buchwertfortführung) ablehnt, da § 6 Abs. 3 EStG eine vollständige Übertragung mit allen Rechten (Besitz- und Fruchtziehungsrecht) voraussetze, die nur dann vorliegen könne, wenn der bisherige Betriebsinhaber seine gewerbliche Tätigkeit vollständig aufgebe. Genau das sei aber beim Nießbrauchsvorbehalt nicht der Fall. Demzufolge kommt es nach Auffassung des BFH bei der Übertragung zu einer Einkommensteuer auslösenden Betriebsaufgabe i.S.v. § 16 EStG.
Rz. 87
Auch wenn nach dem zitierten Urteil noch unklar ist, wie sich die ertragsteuerlichen Konsequenzen eines vorbehaltenen Quotennießbrauchs am Einzelunternehmen darstellen, und die Entscheidung inhaltlich nicht überzeugt, ist festzuhalten, dass der Vorbehaltsnießbrauch als Absicherungsinstrument bei der Übertragung von Einzelunternehmen (derzeit) aus ertragsteuerlichen Gründen regelmäßig ausscheidet.