Rz. 97
In besonderen Fällen kann ausnahmsweise eine Kündigung durch die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle für zulässig erklärt werden, obwohl grundsätzlich ein Kündigungsschutz nach § 18 BEEG besteht, § 18 Abs. 1 S. 2 und 3 BEEG.
Rz. 98
Ob ein besonderer Fall vorliegt, entscheidet die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen und nach Anhörung des Arbeitnehmers. Die Behörde entscheidet nach der zugrunde liegenden Verwaltungsvorschrift, aus der sich auch ergibt, wann ein besonderer Fall vorliegt. Nach der entsprechenden Verwaltungsvorschrift liegt ein besonderer Fall insbesondere dann vor, wenn
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der Betrieb, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt ist, stillgelegt wird und der Arbeitnehmer nicht in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiter beschäftigt werden kann, |
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die Betriebsabteilung, in der der Arbeitnehmer beschäftigt ist, stillgelegt wird und der Arbeitnehmer nicht in einer anderen Betriebsabteilung des Betriebs oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiter beschäftigt werden kann, |
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der Betrieb oder die Betriebsabteilung, in denen der Arbeitnehmer beschäftigt ist, verlagert wird und der Arbeitnehmer an dem neuen Sitz des Betriebs oder der Betriebsabteilung und auch in einer anderen Betriebsabteilung oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens nicht weiter beschäftigt werden kann, |
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der Arbeitnehmer in den Fällen der Nummern 1 bis 3 eine ihm vom Arbeitgeber angebotene zumutbare Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz ablehnt, |
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durch die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses nach Beendigung der Elternzeit die Existenz des Betriebs oder die wirtschaftliche Existenz des Arbeitgebers gefährdet wird, |
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besonders schwere Verstöße des Arbeitnehmers gegen arbeitsvertragliche Pflichten oder vorsätzliche strafbare Handlungen des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen. |
Rz. 99
Ein besonderer Fall ist auch dann gegeben, wenn der Arbeitgeber durch die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses nach Beendigung der Elternzeit unbillig in die Nähe der Existenzgefährdung kommt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer in einem Betrieb mit i.d.R. fünf oder weniger Arbeitnehmern ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt ist und der Arbeitgeber zur Fortführung des Betriebs dringend auf eine entsprechend qualifizierte Ersatzkraft angewiesen ist, die er nur einstellen kann, wenn er mit ihr einen unbefristeten Arbeitsvertrag abschließt, oder der Arbeitgeber wegen der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses nach Beendigung der Elternzeit keine entsprechend qualifizierte Ersatzkraft für eine nur befristeten Arbeitsvertrag findet und deshalb mehrere Arbeitsplätze wegfallen müssten.
Rz. 100
Der Arbeitgeber hat die Zulässigkeit der Kündigung schriftlich bei der für den Sitz des Betriebs oder der Dienststellung zuständigen Behörde zu beantragen. Die Behörde trifft dann ihre Entscheidung in schriftlicher Form, die dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer zugestellt wird. Dem Betriebs- oder Personalrat wird eine Abschrift übersandt. Handelt es sich um eine außerordentliche Kündigung, so muss der Arbeitgeber die Zustimmung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von dem kündigungsbegründenden Sachverhalt beantragen, § 626 Abs. 2 BGB.
Rz. 101
Da es sich bei der Entscheidung der Behörde um einen Verwaltungsakt handelt, ist gegen diesen Verwaltungsakt der Rechtsbehelf des Widerspruchs gegeben. Dieser ist gem. den Vorgaben der §§ 68 ff. VwGO zu erheben.
Rz. 102
Für die Entscheidungen über einen besonderen Fall sind die folgenden Behörden zuständig:
Baden-Württemberg |
Gewerbeaufsichtsämter |
Bayern |
Gewerbeaufsichtsämter |
Berlin |
Landesamt für Arbeitsschutz und technische Sicherheit |
Brandenburg |
Ämter für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik |
Bremen |
Gewerbeaufsichtsämter |
Hamburg |
Behörde für Arbeit, Jugend und Soziales |
Hessen |
Regierungspräsidien |
Mecklenburg-Vorpommern |
Ämter für Arbeitsschutz und technische Sicherheiten – Gewerbeaufsicht |
Niedersachsen |
Gewerbeaufsichtsämter |
Nordrhein-Westfalen |
Bezirksregierungen |
Rheinland-Pfalz |
Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht |
Saarland |
Gewerbeaufsichtsamt |
Sachsen |
Gewerbeaufsichtsämter |
Sachsen-Anhalt |
Landesämter für Arbeitsschutz |
Schleswig-Holstein |
Landesamt für Gesundheit und Arbeitssicherheit |
Thüringen |
Landesamt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin |