Rz. 41
In gleicher Weise wie bei § 17 MuSchG greift das Kündigungsverbot nicht ein, wenn die zuständige Behörde die Kündigung für zulässig erklärt hat. Im Hinblick auf das Verfahren gelten die gleichen Grundsätze wie beim Mutterschutz, wobei allerdings das BEEG keine Form für den Ausspruch der Kündigung wie in § 17 Abs. 2 S. 2 MuSchG regelt. Das Schriftformerfordernis ergibt sich hier aus § 623 BGB. Für die Erlaubniserteilung ist ebenso wie bei § 17 Abs. 2 S. 1 MuSchG die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle zuständig (vgl. Rdn 22). § 18 BEEG sieht keine Frist vor, binnen derer die zugelassene Kündigung nach Zugang des Zulassungsbescheids erklärt werden muss. Die Monatsfrist gem. § 171 Abs. 3 SGB IX ist nicht entsprechend anzuwenden. Gleichwohl ist dem Arbeitgeber zu empfehlen, die Kündigung unverzüglich nach Bekanntgabe der behördlichen Entscheidung auszusprechen.
Rz. 42
Praxishinweis
Erklärt die zuständige Behörde nach § 18 BEEG "eine Kündigung" für zulässig und ist eine zunächst durch den Prozessbevollmächtigten des Arbeitgebers ausgesprochene Kündigung mangels Vorlage einer Originalvollmacht gem. § 174 BGB unwirksam, so muss der Arbeitgeber für eine sodann folgende Kündigung, der der gleiche Sachverhalt zugrunde liegt, nicht noch einmal bei der Behörde die Zulässigkeitserklärung beantragen.
Rz. 43
Zu beachten ist, dass der für die Zustimmung nach § 18 Abs. 1 S. 2 BEEG erforderliche “besondere Fall“ trotz des identischen Wortlauts einem anderen Maßstab als in § 17 Abs. 2 S. 1 MuSchG unterliegt. Der Ermessensspielraum der Behörde ist im Anwendungsbereich des BEEG größer, weil zum einen der Schutzzweck des mutterschutzrechtlichen Kündigungsverbots verfassungsrechtlich durch Art. 6 Abs. 4 GG getragen wird und zum anderen das Kündigungsverbot nach dem BEEG regelmäßig wesentlich länger andauert als das nach dem MuSchG.
Ein "besonderer Fall" im Sinne des § 18 Abs. 1 S. 2 BEEG ist dann anzunehmen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände vorliegen, die die vom Gesetz grundsätzlich als vorrangig eingestuften Belange des Arbeitnehmers ausnahmsweise hinter noch gewichtigere Interessen des Arbeitgebers zurücktreten lassen.
Einigkeit besteht jedoch darüber, dass eine dauerhafte Betriebsstilllegung einen besonderen Fall i.S.d. § 18 Abs. 1 S. 2 BEEG darstellt und der Kündigungsschutz der betroffenen Elternzeitler durch allgemeine Verwaltungsvorschriften (die z.B. eine soziale Auslauffrist bis zum Ende der Elternzeit vorsehen) nicht erweitert wird. Einer Betriebsschließung steht es gleich, wenn ein Betriebsteil stillgelegt, einer umfassenden technischen Modernisierung unterzogen und nach Wiedereröffnung vollständig automatisch und ohne Personal betrieben wird. Der Arbeitsplatz, an den der Arbeitnehmer nach der Elternzeit zurückkehren könnte, existiert in diesem Fall nicht mehr. Es kommt also darauf an, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt ist, dass mit Ablauf der Kündigungsfrist keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr besteht unabhängig davon, dass die Elternzeit erst nach Ablauf der Kündigungsfrist endet. Auch der Sonderkündigungsschutz nimmt dem Arbeitgeber also insoweit nicht die Entscheidungsfreiheit, künftig überhaupt kein Personal mehr zu beschäftigten.
Ob die Voraussetzungen nach § 613a BGB vorliegen, prüft allein das Arbeitsgericht. Die Behörde muss daher nicht etwaigen Hinweisen auf einen Betriebsübergang nachgehen. Sie stellt lediglich fest, ob nach der Stilllegung beim bisherigen Arbeitgeber noch ein Arbeitsplatz besteht – ungeachtet einer eventuellen Fortführung des Betriebs durch einen Dritten.
Rz. 44
Praxishinweis
Die Kündigungsverbote nach § 17 MuSchG und § 18 BEEG stehen nebeneinander, sodass der Arbeitgeber bei Vorliegen von Mutterschaft und Elternzeit für eine Kündigung zwei verschiedene Zulässigkeitserklärungen einholen muss. Auch die Zuständigkeit ein und derselben Behörde vermag hieran nichts zu ändern. Beide Zulässigkeitserklärungen müssen vor Ausspruch der beabsichtigten Kündigung vorliegen.
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Muster 7.2: Antrag auf Zulässigkeitserklärung gem. § 18 BEEG
Antrag auf Zulässigkeitserklärung bei der i.S.d. § 18 Abs. 1 S. 3 BEEG zuständigen Behörde zur ordentlichen Kündigung von Frau/Herrn _________________________
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir beabsichtigen, Frau/Herrn _________________________ ordentlich zu kündigen. Wir bitten Sie, die ordentliche Kündigung für zulässig zu erklären. Den Zulässigkeitsantrag begründen wir wie folgt:
Frau/Herr _________________________ ist bei uns als _________________________ seit _________________________ beschäftigt. Sie/Er ist am _________________________ geboren und _________________________ (ledig/verheiratet/geschieden) und hat _________________________ Kinder. Sie/Er verdient zurzeit _________________________ EUR brutto monatlich. Sie/Er ist vom _________________________ bis ______________________...