a) Vorbemerkung
Rz. 20
Ein Anspruch entsteht, sobald er fällig wird und notfalls eingeklagt werden kann. Für einen Schadensersatzanspruch bedeutet dies, dass er mit dem Eintritt eines Schadens aus der Pflichtverletzung entsteht; dann kann der Gläubiger auf Erfüllung dieses Anspruchs klagen. Da der Schadenseintritt gleichermaßen für den Beginn der Verjährung nach den §§ 51b, 59m Abs. 2 BRAO a.F., 68 StBG a.F., 45b, 52m Abs. 2 PatAnwO a.F. sowie 51a WPO a.F. Bedeutung hatte wie jetzt für § 199 BGB, kann die seinerzeit dazu ergangene Rechtsprechung insoweit übernommen werden.
b) Überholte Rechtsprechung zum Schadenseintritt
Rz. 21
Die frühere Rechtsprechung, die seit der Grundsatzentscheidung des BGH vom 2.7.1992 überholt ist, hatte den Zeitpunkt des Schadenseintritts festgelegt mit der Formel, die Verjährungsfrist laufe, sobald eine verjährungsunterbrechende Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht des Vertragsgegners erhoben werden könne. Eine solche Abgrenzung kann den Verjährungsbeginn zulasten des geschädigten Mandanten vorverlegen, also zu früh ansetzen, da eine Klage nach § 256 ZPO auf Feststellung einer Ersatzpflicht schon erhoben werden kann, wenn dafür die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadens und damit nur eine bestimmte Vermögensgefährdung genügt. Ausreichend für den Schadenseintritt zulasten eines Architekten beim Regress gegen einen Rechtsanwalt soll allerdings sein, wenn durch Urteil festgestellt wird, dass der Architekt dem Grunde nach verpflichtet ist, dem Bauherrn ggü. Mängelbeseitigungskosten zu erstatten.
c) Neue Risiko-Schaden-Formel
Rz. 22
Seit seiner grundlegenden Entscheidung vom 2.7.1992 bestimmt der BGH mit einer neuen Formel den Zeitpunkt der Schadensentstehung in den Verjährungsregelungen für Regressansprüche gegen Rechtsanwälte nach § 51b BRAO a.F. und gegen Steuerberater nach § 68 StBerG a.F. Diese Abgrenzung lässt eine bloße Vermögensgefährdung infolge der Pflichtverletzung des Beraters nicht für die Annahme eines Schadens ausreichen.
Rz. 23
Vielmehr entsteht ein Schaden nach dieser Rechtsprechung erst dann, wenn sich die Vermögenslage des Betroffenen durch die Pflichtverletzung des Beraters ggü. seinem früheren Vermögensstand objektiv verschlechtert hat. Dafür genügt es, dass der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag auch seine Höhe noch nicht beziffert werden können. Es muss nicht feststehen, dass eine Vermögenseinbuße bestehen bleibt und damit endgültig wird; es reicht auch aus, dass ein endgültiger Teilschaden entstanden ist und mit weiteren adäquat verursachten Nachteilen gerechnet werden muss. Ein Schaden ist dagegen noch nicht eingetreten, solange nur das Risiko eines Vermögensnachteils infolge der Pflichtverletzung des Beraters besteht, sodass noch offen ist, ob es tatsächlich zu einem Schaden kommt. Solange sich dieses Risiko nicht verwirklicht, laufen die Verjährungsfristen noch nicht, weil bei der gebotenen wertenden Betrachtung allenfalls eine Vermögensgefährdung vorliegt, die jedenfalls für das Entstehen eines Regressanspruchs noch nicht einem Schaden gleichsteht. Ist nach dieser "Risiko-Schaden-Formel" ein Schaden entstanden, kann und muss der Betroffene die Verjährung eines Ersatzanspruchs verhindern.
Die Außerachtlassung eines Zeitraums der Vermögensgefährdung aufgrund einer wertenden Betrachtung, die im Schadensersatzrecht unumgänglich ist, hat ggü. der herkömmlichen, überholten Abgrenzung die Tendenz, den Verjährungsbeginn in der Beraterhaftung hinauszuschieben. Dies wirkt sich zugunsten des geschädigten Mandanten aus; nach altem Recht gewann er entsprechende Zeit, in der er nähere Kenntnis von der Pflichtverletzung seines Rechtsberaters und deren Folgen erhalten konnte. Andererseits ist diese Wirkung der neuen Abgrenzungsformel auch für den Berater insoweit vorteilhaft, als ein solcher Anspruch nicht vorzeitig – vor dem tatsächlichen Schadenseintritt – gegen ihn gerichtet werden muss. Das Vertragsverhältnis zum Auftraggeber wird nicht zu früh gestört; dieser hat erst von der tatsächlichen Schadensentstehung an ein schutzwürdiges Interesse an einem Rückgriff gegen seinen Berater.
Rz. 24
Dass die neue Formel zur Festlegung des Zeitpunkts des Schadenseintritts den Verjährungsbeginn deutlich verzögern kann, zeigen folgende Entscheidungen des BGH:
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Auf Rat seines Anwalts spricht der Mandant eine unzulässige Teilkündigung eines Vertrages aus. Dies bedeutet eine Vertragsverletzung, die den Vertragspartner berechtigen kann, seinerseits Rechte gegen den Mandanten geltend zu machen. Dieser – allenfalls vermögensgefährdende – Tatbestand ergibt aber no... |