Frank-Michael Goebel, Dr. Jochen Schatz
Rz. 157
Die Höhe des nach § 850c ZPO pfändbaren Einkommensteils hängt maßgeblich von der Anzahl der Unterhaltsverpflichtungen des Schuldners ab. Als unterhaltsberechtigt sind die Personen zu berücksichtigen, denen der Schuldner aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung Unterhalt zu gewähren hat. Hierzu zählen der Ehegatte (§§ 1360, 1360a, 1361 BGB), der frühere Ehegatte (§§ 1569 bis 1586a BGB), der Lebenspartner bzw. frühere Lebenspartner i.S.d. LPartG oder ein Verwandter in erster Linie (Kinder, Enkel, Eltern, Großeltern, Adoptivkinder), Pflegekinder, sowie die Mutter eines nichtehelichen Kindes.
Vertragliche oder aus moralischen Gründen übernommene Verpflichtungen bleiben unberücksichtigt.
Rz. 158
Die Ermittlung der Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen obliegt grundsätzlich dem Drittschuldner. Die Daten der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELSTAM) – früher: Lohnsteuerkarte – sind nur bedingt zur Feststellung der Anzahl der Unterhaltsberechtigten brauchbar. Daneben sollte der Drittschuldner stets den Schuldner befragen und sich durch die Vorlage entsprechender Urkunden (Geburts- oder Heiratsurkunde) von der tatsächlichen Anzahl der Unterhaltsberechtigten Klarheit verschaffen. Ob der Schuldner seinen Unterhaltsverpflichtungen tatsächlich nachkommt, hat der Drittschuldner nicht nachzuprüfen. Änderungen zu erforschen, ist grundsätzlich Angelegenheit des Gläubigers, der seine Interessen im Wege eines Antrages nach § 850c Abs. 6 ZPO verfolgen kann. Der Drittschuldner kann allerdings bei dem Vollstreckungsgericht um Aufklärung nachsuchen.
Rz. 159
Der vom Schuldner getrenntlebende Ehegatte/Lebenspartner ist ebenso zu berücksichtigen wie volljährige Kinder, soweit der Schuldner tatsächlich Unterhalt leistet. Wie überhaupt die Berücksichtigung immer davon abhängig ist, ob der Schuldner dem Unterhaltsberechtigten tatsächlich Unterhalt leistet.
Für die Vollstreckung von Unterhalt hat der BGH entschieden, dass als Freibetrag für die übrigen gleichrangigen Unterhaltsberechtigten, denen der Schuldner außer dem vollstreckenden Gläubiger kraft Gesetzes Unterhalt schuldet und auch tatsächlich zahlt, nur der tatsächlich geleistete – ggf. geringere – Unterhalt maßgeblich ist. Wie eine Entscheidung des AG Schweinfurt zeigt, findet die vorgenannte Rechtsansicht auch bei Pfändungen von gewöhnlichen Forderungen Anwendung: In dem zugrunde liegenden Fall kam die Schuldnerin ihren Unterhaltspflichten gegenüber dem Kind nur i.H.v. 50 EUR/Monat nach, sodass bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens das Kind auch nur in Höhe dieses Betrags zu berücksichtigen ist.
Die Gewährung von Naturalunterhalt ist gegenüber der Gewährung von Barunterhalt grundsätzlich gleichwertig, sodass die Unterhaltspflicht des Schuldners durch die Gewährung von Naturalunterhalt (Wohnung, Pflege, Ernährung, Erziehung, etc.) vollständig erfüllt wird.
Im Rahmen einer Lohnpfändung wird durch einen Blankettbeschluss das Arbeitseinkommen gepfändet. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss enthält daher regelmäßig keine Angaben zur Anzahl der Unterhaltsberechtigten. Der Arbeitgeber als Drittschuldner muss unter Berücksichtigung von evtl. unpfändbaren Lohnanteilen den Nettolohn ermitteln und alsdann unter Berücksichtigung der unterhaltsberechtigten Personen den pfändbaren Betrag der Pfändungsfreigrenzentabelle entnehmen. Hierbei muss er gesetzliche Unterhaltsverpflichtungen des Schuldners grundsätzlich bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens berücksichtigen.