Rz. 7
Insoweit ein Zustimmungs- oder Genehmigungserfordernis besteht, sei es, dass dies vertraglich vereinbart ist, oder, dass ein Tarifvertrag eine entsprechende Regelung enthält, hat der (Teilzeit-)Beschäftigte einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung/Genehmigung, wenn die Aufnahme der Nebentätigkeit schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers nicht beeinträchtigt. Dieser Anspruch auf Genehmigung resultiert ebenfalls aus dem Grundrecht des Arbeitnehmers aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die durch das BAG vorgenommene Einschränkung konkretisiert letztlich grundrechtsimmanente Grenzen der Rechtsausübung unter dem Gesichtspunkt der praktischen Konkordanz und gegebenenfalls den Interessen des Allgemeinwohls.
Rz. 8
Schutzwürdige Interessen des Erstarbeitgebers können unter mehreren Gesichtspunkten beeinträchtigt sein. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Nebentätigkeit nach ihrer Art mit Pflichten des Erstarbeitsverhältnisses kollidiert, es also zu Interessenskollisionen kommt. Denkbar ist auch, dass die Arbeitsbelastung des Arbeitnehmers in der Nebentätigkeit so gestaltet ist, dass sie die Arbeitsleistung in der Haupttätigkeit erheblich beeinträchtigt. Ob schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers vorliegen, die die verfassungsrechtlichen Freiheiten des Arbeitnehmers einzuschränken geeignet sind, ist jeweils Fallfrage.
Rz. 9
Abweichungen von diesen Grundsätzen gelten auch nicht für geringfügige Beschäftigungen. Der Arbeitgeber eines geringfügig Beschäftigten mag ein besonderes Interesse daran haben, dass der Arbeitnehmer keine Nebentätigkeit aufnimmt, die die Sozialversicherungsfreiheit in der geringfügigen Beschäftigung beeinträchtigt. Dieses zwar verständliche Interesse des Arbeitgebers ist nach der Rechtsprechung jedoch kein rechtlich berechtigtes Interesse, weil der Arbeitgeber angesichts des geringen Gehalts in einer geringfügigen Beschäftigung und der grundrechtlichen Freiheiten grundsätzlich nicht verlangen kann, dass der Beschäftigte auf weitere Erwerbsquellen verzichtet.
Rz. 10
Berechtigte Interessen des Arbeitnehmers liegen selbstverständlich dann vor, wenn durch die Nebentätigkeit die Höchstarbeitsgrenzen des Arbeitszeitgesetzes überschritten werden. Dies muss schon deshalb der Fall sein, weil in der arbeitsrechtlichen Dogmatik umstritten ist, gegen wen sich das arbeitsrechtliche Beschäftigungsverbot richtet, wenn eine Überschreitung der Grenzen eintritt. Die insoweit rechtlich bestehende Unsicherheit begründet in jedem Fall ein rechtlich relevantes Interesse des Arbeitgebers, gegebenenfalls zu befürchtende arbeitszeitrechtliche Sanktionen zu verhindern. Darüber hinaus ist nach der Rechtsprechung des BAG gegebenenfalls das Zweitarbeitsverhältnis nichtig.
Rz. 11
Die Nebentätigkeit während eines Erholungsurlaubs ist nicht per se verboten, so dass kein Anspruch auf eine Genehmigung bestünde. Vielmehr richtet sich die Zulässigkeit nach § 8 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Auszugehen ist davon, dass der Erholungsurlaub der Regeneration des Arbeitnehmers dienen soll. Der Arbeitnehmer soll seine Kräfte für die in der ersten Tätigkeit noch zu leistenden Arbeit erneuern. Maßgeblich ist somit, ob die Art der in der Nebentätigkeit geschuldeten Arbeitsleistung die in dem Erstarbeitsverhältnis geschuldete Arbeitsleistung beeinträchtigt. Ob dies der Fall ist, ist eine Frage des Einzelfalls.
Rz. 12
Beispiel
Während für einen Konzertgeiger eine Nebentätigkeit während des Erholungsurlaubes auf einer Baustelle durchaus die Interessen des Erstarbeitgebers beeinträchtigen kann, kann dieselbe Tätigkeit für einen im Erstarbeitsverhältnis an einem Schreibtisch tätigen Arbeitnehmer der Entspannung und dem körperlichen Ausgleich dienen.
Rz. 13
Gerade wenn es sich in dem Erstarbeitsverhältnis um eine Teilzeitbeschäftigung handelt, wird man an die Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers hohe Anforderungen zu stellen haben. Denn bei der Beurteilung muss auch berücksichtigt werden, dass ein Teilzeitarbeitsverhältnis nicht in demselben Maße geeignet ist, den Lebensunterhalt des Arbeitnehmers sicherzustellen. Er ist also möglicherweise auf eine weitere Beschäftigung angewiesen. Trotzdem sind auch hier die Grenzen des arbeitgeberseitigen Interesses zu beachten.
Rz. 14
Sind Interessen des Erstarbeitgebers nicht beeinträchtigt, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung. Erteilt der Arbeitgeber die Genehmigung dann nicht und übt der Arbeitnehmer die Tätigkeit gleichwohl aus, so kann der Arbeitgeber hieran keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen (siehe Rdn 36 ff.) knüpfen.
Rz. 15
Streitig ist, ob eine einmal erteilte Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit widerrufen werden kann. Unproblematisch ist dies jedenfalls dann, wenn die Genehmigung durch den Arbeitgeber unter einen zulässigen Widerrufsvorbehalt gestellt worden ist. Ist ein solcher nicht vorhanden, so wird vertreten, dass der Arbeitgeber sich nur durch eine Änderungskündigung von der Genehmigung lösen könne. Wir halten dies für unzutreffend. G...