Rz. 164
Der Beschluss des Wirtschaftsplans (genauer: der Beschluss über die Begründung von Vorschusspflichten) widerspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Höhe der Vorschüsse fehlerhaft ist. Dazu kann es kommen, wenn fehlerhafte Verteilerschlüssel angewandt wurden oder wenn die Planansätze viel zu hoch oder viel zu niedrig kalkuliert wurden. Bei der Anfechtung ist aber in zweifacher Hinsicht Vorsicht geboten: a) Der Anfechtung mit der Begründung, der Wirtschaftsplan sei zu niedrig angesetzt, wird teilweise das Rechtsschutzinteresse abgesprochen, sofern nicht zugleich eine Gestaltungsklage mit dem Ziel erhoben wird, einen Wirtschaftsplan mit höheren Ansätzen zu erreichen; denn bei ersatzlosem Wegfall des Wirtschaftsplans bestünde überhaupt keine Zahlungspflicht, was dem Klageziel noch weniger dienlich sei als ein Wirtschaftsplan mit zu niedrigen Ansätzen. Dieser Ansicht ist aber zu widersprechen: Die Beschlussersetzungsklage wäre ohne Vorbefassung der Gemeinschaft unzulässig; und eine Vorbefassung der Gemeinschaft hat erst Sinn, wenn das Gericht der Klage stattgibt und für die Miteigentümer damit fest steht, dass sie höhere Ansätze beschließen müssen. Die Aufhebung des Wirtschaftsplans wird erst mit Rechtskraft des Urteils wirksam; das ist Zeit genug, damit ein neuer Wirtschaftsplan beschlossen werden kann, sofern das überhaupt nötig werden sollte: Häufig wird nämlich der vorherige Wirtschaftsplan auf Basis einer Fortgeltungsklausel wieder in Kraft treten. b) Ferner bleibt die Anfechtung i.d.R. ohne Erfolg, wenn sich die geltend gemachten Fehler auf das Ergebnis des (Einzel-)Wirtschaftsplans nur unerheblich auswirken.
Rz. 165
Beispiel
Im Wirtschaftsplan werden die voraussichtlichen Heizkosten vollständig nach dem Umlageschlüssel "Wohnflächenverhältnis" verteilt. Miteigentümer A ficht den Beschluss mit der (für sich genommen zutreffenden) Begründung an, die Heizkosten müssten zu mindestens 50 % nach dem voraussichtlichen Verbrauch und nur im Übrigen nach der Wohnfläche verteilt werden. – Die Anfechtung bleibt ohne Erfolg. Den Vorauszahlungen liegt immer eine mehr oder weniger genaue Schätzung der tatsächlich entstehenden Kosten zugrunde. Der Ansatz des richtigen Verteilerschlüssels würde nur zu einer geringen Herabsetzung der von A geschuldeten Vorauszahlungen führen; ihm kann deshalb zugemutet werden, die Jahresabrechnung abzuwarten (zumal der falsche Verteilerschlüssel im Wirtschaftsplan für die Jahresabrechnung nicht bindend ist → § 8 Rdn 149).
Rz. 166
Im Übrigen bestehen keine prinzipiellen Unterschiede zwischen der Anfechtung eines Beschlusses über die Vorschüsse (Wirtschaftsplan) und eines Beschlusses über die Nachschüsse bzw. die Anpassung der Vorschüsse (Jahresabrechnung), so dass zunächst auf den Abschnitt über die Anfechtung im Kapitel "Jahresabrechnung") verwiesen wird (→ § 8 Rdn 120). Insbesondere ist auch in Bezug auf die Vorschusspflichten eine Teilanfechtung nicht möglich (str.). Zu den Folgen einer Ungültigerklärung: Wenn ein Wirtschaftsplan gerichtlich für ungültig erklärt wurde, wird meistens der vorangegangene Wirtschaftsplan wieder in Kraft treten (vorausgesetzt, dieser war mit einer Fortsetzungsklausel versehen). Andernfalls muss für das betreffende Jahr erneut ein Wirtschaftsplan beschlossen werden, denn es bedarf eines Rechtsgrunds sowohl für das "Behalten" bereits gezahlter Vorschüsse als auch für das Einfordern noch nicht bezahlter Vorschüsse. Auch wenn Zweifel an der Wirksamkeit eines Wirtschaftsplans bestehen, entspricht es ordnungsmäßiger Verwaltung, per "Zweitbeschluss" darüber neu zu beschließen; das gilt auch, wenn der Beschluss (rückwirkend) erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres gefasst wird. Wird während eines laufenden Anfechtungsverfahrens für den betreffenden Zeitraum die Jahresabrechnung beschlossen, hat das keine Auswirkung auf den Streit über den Wirtschaftsplan bzw. die Vorschüsse. Wenn später der Wirtschaftsplan rechtskräftig aufgehoben ist, steht wirtschaftlich betrachtet fest, dass der gesamte Abrechnungssaldo der Jahresabrechnung als Nachschuss geschuldet ist, weil es kein gegenzurechnendes Vorschusssoll mehr gibt (→ § 8 Rdn 24). Rechtlich betrachtet beschränkt sich die Wirkung des Abrechnungsbeschlusses aber auf die Höhe der Nachschüsse; entgegen einer zum alten Recht vertretenen (seinerzeit durchaus plausiblen) Auffassung lässt es sich nach dem geltenden Recht nicht mehr vertreten, den Abrechnungsbeschluss als Anspruchsgrundlage auf den ganzen Betrag des Abrechnungssaldos zu betrachten. Also ist die Jahresabrechnung des betreffenden Jahres neu zu erstellen und auf dieser Basis ein neuer Abrechnungsbeschluss zu fassen, in dem das Vorschusssoll "Null" beträgt. Die dadurch geschaffenen Nachschusspflichten beinhalten zugleich den Rechtsgrund für das "Behaltendürfen" bislang (auf der Basis des aufgehobenen Wirtschaftsplans) geleisteter Vorschüsse.