Isabelle Losch, Walter Krug
Rz. 10
Anders als das Wie der Testamentserrichtung richtet sich das Ob der Testamentserrichtung nicht nach den Formerfordernissen des Art. 26 Abs. 1 EGBGB i.V.m. dem Haager Übereinkommen vom 5.10.1961 über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht (BGBl 1965 II S. 1144, 1145) und Art. 27 EuErbVO, welches weiterhin gem. Art. 75 Abs. 1 EuErbVO Vorrang genießt, bzw. für die Erbfälle vor dem 17.8.2015 gem. Art 26 EGBGB a.F.
Rz. 11
Für Erbfälle seit dem 17.8.2015 bestimmt sich das Erbrecht nach der EuErbVO. Gem. Art. 26 Abs. 1 lit. a EuErbVO gehört zu der materiellen Wirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen die Testierfähigkeit der Person, die die Verfügung von Todes wegen errichtet, diese wird somit vom Erbstatut erfasst. Problematisch wird dies, wenn das Erbstatut und das Errichtungsstatut auseinanderfallen. Gem. Art. 26 Abs. 2 EuErbVO wird bestimmt, dass eine Person, die nach Art. 24 und 25 EuErbVO aufgrund des anzuwendenden Rechts die Testierfähigkeit erlangt, bei einen späteren Wechsel des anzuwendenden Rechts nicht in ihrer Fähigkeit zur Änderung oder zum Widerruf der Verfügung von Todes wegen beeinträchtigt wird. Dies bedeutet denklogisch, dass sich die Testierfähigkeit einer Person immer nach dem Recht bestimmen muss, welches zur Zeit der Errichtung der letztwilligen Verfügung zugrunde zu legen war. Eine Person gilt somit auch als testierfähig, selbst wenn ihr dieses Recht nach vollzogenem Statutenwechsel nicht zustehen würde. Die Testierfähigkeit zum Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung von Todes wegen wandelt sich nicht. Hat ein Minderjähriger mit Vollendung des 16. Lebensjahr in Deutschland wirksam eine Verfügung von Todes wegen errichtet, so kann er nach Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes in einem Land, welches die Vollendung des 18. oder 21. Lebensjahres zum Vorliegen der Testierfähigkeit voraussetzt, seine letztwillige Verfügung von Todes wegen weiterhin ändern und widerrufen und war somit testierfähig, vorbehaltlich des Nichtvorliegens weiterer Beeinträchtigungen zum Zeitpunkt der Errichtung. Die einmal erlangte Testierfähigkeit wird somit erhalten.
Rz. 12
Strittig ist, ob die Vorschrift entgegen dem Wortlaut aufgrund des Vertrauensschutzes weit auszulegen ist und auch für die Fälle gelten soll, in denen noch keine letztwillige Verfügung von Todes wegen errichtet wurde. Dem Wortlaut der EuErbVO ist zu entnehmen, dass der Betroffene bereits eine Verfügung von Todes wegen errichtet haben muss. Nach altem Recht gem. Art. 26 Abs. 5 S. 2 EGBGB a.F. wurde dies nicht vorausgesetzt, es wurde alleine an die Erlangung an sich angeknüpft.
Rz. 13
Für Altfälle, d.h. für alle Erbfälle bis einschließlich zum 16.8.2015, richtet sich die Testierfähigkeit grundsätzlich gem. Art. 26 Abs. 5 S. 1 EGBGB a.F. Das Errichtungsstatut richtet sich nach dem Recht des Staates, das im Zeitpunkt der Testamentserrichtung gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB a.F. das Erbstatut gewesen wäre.
Rz. 14
Wurde eine Verfügung von Todes wegen vor dem 16.8.2015 errichtet, der Erbfall trat jedoch erst nach dem 16.8.2015 ein, so ist die Übergangsvorschrift des Art. 83 Abs. 3 EuErbVO zu beachten. In Analogie zu Art. 83 Abs. 2 EuErbVO soll sich die Zulässigkeit und Wirksamkeit entweder nach den Art. 24–27 EuErbVO richten oder aber nach den bis zum Stichtag geltenden Kollisionsnormen, wobei entweder auf das Aufenthaltsrecht des Erblassers, das Heimatrecht zum Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung oder die lex fori abgestellt werden soll.
Änderungen oder Widerrufe nach Inkrafttreten der EuErbVO von vor dem 16.8.2015 errichteten Verfügungen von Todes wegen richten sich jedoch alleine nach Art. 26 Abs. 2 EuErbVO. Die Zulässigkeit und Wirksamkeit der neuen Verfügung von Todes wegen richtet sich nach der EuErbVO, die vormalige Bindungswirkung jedoch nach dem vormaligen Kollisionsrecht.