Rz. 1

Die Regelung der Unternehmensnachfolge gehört zu einer der schwierigsten Aufgaben, mit denen sich ein erfolgreicher Unternehmer im Laufe seines Lebens konfrontiert sieht. Denn neben rechtlichen und insbesondere steuerrechtlichen Aspekten spielen hier nicht zuletzt wirtschaftliche, strategische und psychologische Gesichtspunkte eine entscheidende Rolle. Anders als die operative Führung des Betriebes verlangt die Nachfolgeregelung darüber hinaus ein klares Bekenntnis zur Überleitung der unternehmerischen Verantwortung auf einen oder mehrere Nachfolger. Für diese ist die Möglichkeit, auf das Wissen und den Erfahrungsschatz des Seniors (oder der Senioren) zurückzugreifen, ohne von diesem laufend bevormundet zu werden, von allergrößtem Wert und durch nichts zu ersetzen. Insbesondere dieser Umstand bildet eines der stärksten Argumente für eine lebzeitige Regelung der Unternehmensnachfolge. Auch das beste Unternehmertestament wird hieran nichts ändern können.

 

Rz. 2

Allerdings darf nicht verkannt werden, dass eine lebzeitige Unternehmensnachfolge nicht von heute auf morgen erledigt ist, sondern einen – mitunter auch sehr langen – Prozess darstellt, in dessen Verlauf die Unwägbarkeiten des Lebens (auch noch kurz vor dem Ziel) den Weg verstellen und den Erfolg vereiteln können. Gegen einen unerwarteten Tod, etwa durch Unfall, sind Unternehmer ebenso wenig gefeit wie davor, ihre geistige Stärke und, damit verbunden, ihre rechtliche Handlungsfähigkeit zu verlieren. Soll der Fortbestand des Unternehmens nicht an derartigen Zufällen scheitern, ist eine angemessene Vorsorge unabdingbar. Diese schließt neben umfassenden Vollmachten selbstverständlich auch ein sinnvolles Unternehmertestament mit ein.

 

Rz. 3

Die klassischen Ziele des Unternehmertestaments bestehen sowohl in der Sicherung der Unternehmensfortführung als auch in der wirtschaftlichen Absicherung der Familie, insbesondere der Kinder und des überlebenden Ehegatten. Gleichzeitig gilt es oftmals, Ausgleichs-, Abfindungs- und Pflichtteilsansprüche zu reduzieren sowie die steuerlichen Belastungen möglichst gering zu halten. Gerade dieser letzte Punkt legt es nahe, den ins Auge gefassten Unternehmensnachfolger zum Alleinerben zu berufen. Allein auf diese Weise lässt sich vollständig sicherstellen, dass das (steuerliche) Unternehmen insgesamt einschließlich etwa vorhandenen Sonderbetriebsvermögens auf den Unternehmensnachfolger übergeht und auf diese Weise (fiktive) Zwangsentnahmen und schlimmstenfalls eine ertragsteuerliche Betriebsaufgabe vermieden werden. Gleichzeitig ergibt sich auf diese Weise eine gute Chance, auch die erbschaftsteuerrechtlichen Privilegien (§§ 13a ff., 19a ErbStG) nicht bereits durch eine suboptimale Gestaltung zu verspielen.[1] Die Verteilung des nicht zum Unternehmen gehörenden Vermögens sowie die wirtschaftliche Absicherung der nicht in die Unternehmerstellung nachrückenden Erben lässt sich bei diesem Modell ohne Weiteres durch die Anordnung von Vermächtnissen erreichen.[2] Gibt man deren Erfüllung in die Hand eines zuverlässigen Testamentsvollstreckers, stellt auch die Abwicklung in aller Regel kein größeres Problem dar.

 

Rz. 4

Schwierig ist die Gestaltung aber dann, wenn der Unternehmensnachfolger noch gar nicht feststeht, beispielsweise weil die Kinder noch zu jung sind, um beurteilen zu können, welches von ihnen geeignet sein wird. In derartigen Fällen darf auf gar keinen Fall die Auswahl des Erben einem Dritten überlassen werden. Denn gemäß § 2065 Abs. 2 BGB sind Erbeinsetzungen, bei denen die Person des Erben der willkürlichen Entscheidung eines Dritten überlassen wird, unwirksam.[3] Folge wäre daher der Eintritt der gesetzlichen Erbfolge und somit in vielen Fällen eine Zersplitterung des Eigentums am Unternehmen. In solchen Konstellationen ist es daher sinnvoller, einen Erben sozusagen als Interim-Unternehmer vorzusehen und ein erst später anfallendes Vermächtnis zugunsten des ultimativen Unternehmensnachfolgers anzuordnen. Dessen Person kann ohne Weiteres durch einen Dritten, z.B. einen Testamentsvollstrecker, anhand vom Erblasser vorgegebener Kriterien bestimmt werden.[4]

 

Rz. 5

So wichtig die sorgfältige Formulierung des Unternehmertestamentes ist, so wenig kann es seine beabsichtigte Wirkung entfalten, wenn die Abstimmung von Testament und Gesellschaftsvertrag fehlt. Insoweit gilt der eherne Grundsatz "Gesellschaftsrecht geht dem Erbrecht vor!" D.h.: Bei Personengesellschaften bestimmt allein der Gesellschaftsvertrag darüber, ob ein Anteil überhaupt vererblich ist (vgl. oben § 4 Rdn 304 ff.). Bei Kapitalgesellschaften ist zwar die Vererblichkeit gesetzlich vorgegeben und kann auch durch den Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden (vgl. oben § 4 Rdn 349). Dennoch bestehen vielfältige Möglichkeiten, wie den Erben bzw. Vermächtnisnehmern angefallene Gesellschaftsanteile wieder entzogen werden können; Zwangseinziehungs-[5] bzw. Zwangsabtretungsklauseln[6] sind weit verbreitet. Flankiert werden solche Regelungen zumeist von abfi...

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