Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 789
Um die vom Erblasser gewünschte Person bzw. Personen in seine Gesellschafterstellung nachfolgen zu lassen, müssen die jeweils anwendbaren gesellschaftsrechtlichen und erbrechtlichen Regelungen genau aufeinander abgestimmt sein. Das Gesellschaftsrecht (die entsprechenden gesetzlichen Regelungen des Gesellschaftsrechts sowie die Regelungen des Gesellschaftsvertrages der KG) entscheidet darüber, ob und an wen die Beteiligung an einer KG überhaupt vererblich ist. Insoweit hat das Gesellschaftsrecht Vorrang vor dem Erbrecht. Erst wenn das Gesellschaftsrecht die Übertragung durch Verfügung von Todes wegen ermöglicht, können erbrechtliche Regelungen zum Tragen kommen. Die vereinfachte Formel "Gesellschaftsrecht vor Erbrecht" ist allerdings auch irreführend, weil sie den unbefangenen Betrachter dazu verleiten könnte zu glauben, dass der im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Nachfolger auch dann in die Gesellschafterstellung einrückt, wenn er gar nicht (Mit-)Erbe geworden ist. Einen solchen Von-Selbst-Erwerb außerhalb des Erbrechtes kann aber auch der Gesellschaftsvertrag nicht herbeiführen. Diese Unterscheidung zwischen Gesellschaftsrecht und Erbrecht ist auch zu beachten, wenn ein grenzüberschreitender Erbfall vorliegt: Die Frage der Vererblichkeit des Gesellschaftsanteils wird kollisionsrechtlich nicht von der EuErbVO erfasst, sondern unterliegt dem sog. Gesellschaftsstatut (bei einer KG also dem deutschen Recht; vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. h) EuErbVO; eines Rückgriffs auf Art. 30 EuErbVO bedarf es hier nicht). Die Frage, ob die nachfolgeberechtigte Person überhaupt Erbe geworden ist, unterliegt dagegen dem Erbstatut und somit dem gem. Art. 20 ff. EuErbVO anwendbaren Recht. Die Besonderheit, dass der Gesellschaftsanteil nicht auf eine Erbengemeinschaft übergehen kann, beruht ebenfalls auf dem deutschen Gesellschaftsrecht, sodass sich auch bei Anwendung eines ausländischen Erbrechts keine abweichende Behandlung ergibt. Bevor eine erbrechtliche Verfügung getroffen wird, ist also stets der Gesellschaftsvertrag daraufhin zu überprüfen, ob und an welche Personen der Gesellschaftsanteil vererbt werden kann.
Rz. 790
Die verschiedenen von der Kautelarpraxis entworfenen Optionen zur Regelung der Nachfolge in Gesellschaftsanteile in Personengesellschaften werden Nachfolgeklauseln genannt. Diese Nachfolgeklauseln werden unter Rdn 820 ff. näher dargestellt.
1. Gesetzliche Regelungen bei Tod eines Gesellschafters
Rz. 791
Nach den gesetzlichen Regelungen löst der Tod eines Gesellschafters einer KG nach Art der Gesellschafterstellung unterschiedliche Rechtsfolgen aus.
a) Rechtsfolgen bei Tod eines Komplementärs
Rz. 792
Der verstorbene Komplementär scheidet aus der KG aus, während diese gleichzeitig von den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt wird, sofern der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung trifft (§§ 161 Abs. 2, 130 Abs. 1 Nr. 1 HGB). Bleibt also mangels abweichender vertraglicher Bestimmung die gesetzliche Regelung anwendbar, treten die Erben nicht in die Gesellschafterstellung des Komplementärs ein.
Rz. 793
Der Gesellschaftsvertrag kann jedoch die nach der gesetzlichen Regelung unvererbliche Beteiligung eines Komplementärs für vererblich erklären.
Rz. 794
Scheidet der persönlich haftende Gesellschafter gem. der gesetzlichen Regelung des § 130 Abs. 1 Nr. 1 HGB mit seinem Tod aus der Gesellschaft aus, entfallen unmittelbar auch die personenrechtlichen Bestandteile seiner Mitgliedschaft. In den Nachlass des verstorbenen Komplementärs fallen hingegen sein Abfindungsanspruch aus § 135 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB (i.V.m. §§ 161 Abs. 2 HGB) und sonstige vermögensrechtliche Ansprüche und Verbindlichkeiten aus § 135 HGB, soweit diese gesellschaftsvertraglich nicht ausgeschlossen sind (s. zur Zulässigkeit der Beschränkung oder des Ausschlusses von Abfindungsansprüchen unten Rdn 874 ff.).
Rz. 795
Ist im Gesellschaftsvertrag die Beteiligung eines Komplementärs für vererblich erklärt, hat der bzw. haben die Erben folgendes Wahlrecht:
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Grds. rückt jeder (nachfolgeberechtigte) Erbe in Höhe seiner Erbquote in die Stellung als Komplementär ein. |
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Alternativ kann jeder Erbe sein Verbleiben in der Gesellschaft davon abhängig machen, dass ihm – unter Belassung des bisherigen Gewinnanteils – die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt wird (§§ 161 Abs. 2, 131 HGB). |
Rz. 796
Die letztgenannte Option muss jeder Erbe innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Erlangung der Kenntnis von der Erbschaft ausüben (§ 131 Abs. 3 HGB); die Frist kann länger dauern, wenn die Möglichkeit zur Ausschlagung der Erbschaft noch nicht erloschen ist (vgl. § 131 Abs. 3 Satz 3 HGB). Dies kann v.a. dann er Fall sein, wenn eine Verfügung von Todes wegen noch nicht eröffnet ist (§ 1944 Abs. 2 Satz 2 BGB) oder wenn ein grenzüberschreitender Erbfall vorliegt ...