Rz. 232
Grabdenkmale sind Bauwerke, so dass bereits bei deren Errichtung die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst zu beachten sind. Neben dem Eigentümer des Friedhofs muss auch der Inhaber einer Grabstelle den darauf errichteten Grabstein regelmäßig daraufhin überprüfen, ob erkennbare oder versteckte Mängel seine Standsicherheit beeinträchtigen. In gewissen Abständen (etwa einmal im Jahr nach Beendigung der Frostperiode) muss daran "gerüttelt" werden, um die Festigkeit zu kontrollieren (sog. Rüttelprobe). Dies gilt insbesondere bei alten, hohen und schon schief stehenden Grabdenkmälern. Liegt vor dem Grabplatz eine polierte Steinplatte, ist sie im Winter vor Eisglätte zu schützen.
Rz. 233
Neben der Verkehrssicherungspflicht des Nutzungsberechtigten besteht diejenige des Friedhofsträgers. Neben der Überwachung des Friedhofs (z.B. Bäume) und seiner Wege (Streupflicht) obliegt auch dem Friedhofsträger die Verpflichtung, die Grabsteine auf Standsicherheit zu prüfen. Der Friedhofsträger muss einen Grabstein, der nicht mehr standsicher ist, sofort umlegen oder zumindest absperren. Diese Verkehrssicherungspflicht besteht gegenüber Friedhofsbesuchern im weiteren Sinne.
Rz. 234
Die Haftung ist privatrechtlicher Natur; sie setzt immer Verschulden in Form von Vorsatz oder (wenigstens) leichter Fahrlässigkeit voraus. Dabei haftet der Friedhofsträger nach den §§ 823, 831, 839 BGB, der Nutzungsberechtigte nach den §§ 823, 836, 837 BGB. Hat der Gesetzgeber die Verkehrssicherungspflicht dem Träger als öffentliche Pflicht auferlegt, haftet er nach § 839 BGB, Art. 34 GG. Nutzungsberechtigter und Träger können als Gesamtschuldner haften. Hat der Nutzungsberechtigte eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen, so leistet diese bei Eintrittspflicht.
Rz. 235
Ein Grabstein ist ein mit dem Grundstück verbundenes Werk i.S.v. § 836 BGB, sodass an sich zu Lasten des Eigenbesitzers des Grundstücks die bestehende Haftung aus § 836 Abs. 1 BGB eingreift. Besitzt aber jemand auf einem fremden Grundstück in Ausübung eines Rechts ein Werk, so trifft ihn nach § 837 BGB, und zwar anstelle des Besitzers des Grundstückes, die in § 836 BGB bestimmte Verantwortlichkeit. Fallen also Eigenbesitz am Grundstück und Eigenbesitz am Werk auseinander, dann greift § 837 BGB ein; diese Vorschrift schließt die Anwendung von § 836 BGB aus. Somit trifft den Grabstelleninhaber und nicht den Eigenbesitzer des Friedhofs – und zwar auch nicht neben diesen – die Haftung aus §§ 837, 836 Abs. 1 BGB. In Betracht kommt allerdings eine Verurteilung des Friedhofsträgers wegen Verletzung der ihm im Hinblick auf die Eröffnung einer Gefahrenstelle obliegende Verkehrssicherungspflicht nach § 823 BGB. Diese Haftung aus § 823 BGB besteht gesamtschuldnerisch mit derjenigen des nutzungsberechtigten Eigenbesitzers aus § 837 BGB.
Rz. 236
Praxishinweis
Nach § 24 (Standsicherheit des Grabmale) der Leitfassung des Deutschen Städtetages für eine Friedhofssatzung sind Grabmale ihrer Größe entsprechend nach den allgemein anerkannten Regeln des Handwerks (Richtlinien des Bundesinnungsverbandes des deutschen Steinmetz-, Stein- und Holzbildhauerhandwerks für das Fundamentieren und Versetzen von Grabdenkmälern in der jeweils geltenden Fassung) zu fundamentieren und so zu befestigen, dass sie dauerhaft standsicher sind und auch beim Öffnen benachbarter Gräber nicht umstürzen oder sich senken können.