Rz. 1
Die Beurteilung, ob eine Vollmacht zum Abschluss eines Kaufvertrags genügt und ob damit alle Erklärungen des abzuschließenden Rechtsgeschäfts abdeckt sein werden, ist bedeutsam. Irrt ein Notar, indem er davon ausgeht, dass der von ihm beurkundete Kaufvertrag durch einen Bevollmächtigten wirksam für einen Vollmachtgeber geschlossen sei und stellt sich nachträglich jedoch heraus, dass die zugrundeliegende Vollmacht ungenügend ist, so ist der unterschriebene beurkundete Kaufvertrag wider Erwarten nicht wirksam, sondern schwebend unwirksam und damit abhängig davon, dass der Vertretene die abgegebenen Erklärungen genehmigt.
Der Kaufvertrag kann also noch scheitern, wenn der Beteiligte, für den teilweise vollmachtlos und mit unzureichender Vollmacht gehandelt wurde, nicht bereit ist, den Kaufvertrag nachträglich zu genehmigen.
Anlässlich einer Kaufvertragsbeurkundung unter Beteiligung eines Bevollmächtigten sollte deshalb stets genau geprüft werden, ob der Bevollmächtigte mit einer genügenden Vollmacht erscheint oder mit einer ungenügenden.
Der Notar muss also erkennen, wenn eine Vollmacht nicht ausreicht und dann spätestens anlässlich der Beurkundung die Beteiligten darauf hinweisen und zudem auf die schwebende Unwirksamkeit des Vertrags. Dadurch wird dem anderen Vertragspartner auch klar, dass der Vertrag noch endgültig unwirksam werden kann.
Rz. 2
Neben der sorgfältigen Prüfung, ob die Vollmacht den abzuschließenden Kaufvertrag deckt, sollte auch darauf geachtet werden, ob
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die Vollmacht eine notwendige Vorwegbeleihung zur Kaufpreisfinanzierung deckt, |
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der Bevollmächtigte Untervollmachten erteilen darf und |
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ob der Bevollmächtigte von den einschränkenden Bestimmungen des § 181 Alt. 1 und/oder Alt. 2 BGB befreit ist. |
Darüber hinaus sollte auch stets ein rechtzeitiger Blick auf die Ausfertigung der vorliegenden Vollmachtsurkunde geworfen werden. Bei Vollmachten, die in notarieller Niederschrift über Willenserklärungen (§ 8 BeurkG) aufgenommen wurden, muss die Vollmacht in Ausfertigung vorliegen, damit das Bestehen der Vollmacht bewiesen ist. Zudem muss der Ausfertigungsvermerk des die Vollmacht beurkundenden Notars erkennen lassen, dass die vorliegende Ausfertigung eine ist, die dem Bevollmächtigten erteilt ist, der nun beim Notar seine Bevollmächtigung nutzt.
Rz. 3
Soweit mehrere Personen gemeinsam bevollmächtigt wurden, muss derjenige Notar, bei dem die Vollmacht verwendet wird, den unterschriebenen Vermerk der Ausfertigung sorgfältig dahingehend überprüfen, wem die Ausfertigung erteilt wurde, insbesondere ob sie derjenigen Person erteilt ist, die nun handeln will. Liegt nur eine Ausfertigung der Vollmachtsurkunde vor, die einem anderen (ebenfalls) Bevollmächtigten erteilt wurde, genügt diese vorliegende Vollmachtsausfertigung nicht zur Durchführung des anstehenden Vertrags, weil sie nicht den Fortbestand der Vollmacht, auch nicht im Grundbuchverfahren, beweist. Dann wäre vielmehr eine auf den handelnden Bevollmächtigten ausgestellte Ausfertigung der Vollmachtsurkunde anzufordern.
Beispiel
Handelt beim Notar z.B. ein Bevollmächtigter A, der eine Ausfertigung vorlegt, die nicht ihm, sondern einem weiteren Bevollmächtigten B erteilt ist, sollte der Notar darauf hinweisen, dass die vorgelegte Ausfertigung der Vollmacht nicht genügt, sondern dass es notwendig ist, zum Nachweis des Fortbestehens der Vollmacht eine Ausfertigung vorzulegen, die dem Bevollmächtigten A erteilt ist.
Rz. 4
Vorsicht ist auch geboten, wenn der Notar Grundstückskaufverträge abwickeln und in diesem oder in anderen Zusammenhängen Löschungsbewilligungen von Kreditinstituten einholen und grundbuchlich vollziehen will.
Fordert der Notar im Zuge der Abwicklung eines Kaufvertrags z.B. die Löschungsbewilligung einer Bank an, die für die vereinbarte Lastenfreimachung benötigt wird, und ist die erteilte Löschungsurkunde von bevollmächtigten Personen unterzeichnet, die anlässlich der Beglaubigung ihrer Unterschriften nur eine Vollmachtsausfertigung vorgelegt haben, die dem Kreditinstitut als Vollmachtgeber erteilt wurde und nicht ihnen selbst, so beanstanden einige Grundbuchämter dies als ungenügende Vollmachtsausfertigung mit dem Hinweis auf die Rechtsprechung. Stellt der Notar also fest, dass eine ihm übermittelte Löschungsbewilligung aus diesem Grunde nicht genügt, sollte er möglichst unverzüglich eine aktuelle Ausfertigung der Vollmacht, ausgestellt auf den richtigen Bevollmächtigten, nachfordern.
Als Alternative kann der Notar auch eine Bescheinigung gem. § 21 Abs. 3 BNotO von dem Notar anfordern, der die Vollmacht beurkundet hat. Mit einer Bescheinigung nach § 21 Abs. 3 BNotO kann die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht dem Grundbuchamt nachgewiesen werden, ohne dass die Vollmacht selbst vorgelegt werden muss.
Rz. 5
Übersieht der Notar, dass die Löschungsbewilligung nicht ausreicht, erhält er möglicherweise eine Beanstandung des Grundbuchamtes zu einem Zeitpunkt, in dem sein Antrag zum grundbuchlichen Vollzug dem Grundbuchamt zwar vorgelegt...