Leitsatz
Zahlungen des Vorstands an ein Aufsichtsratsmitglied für Dienstverpflichtungen außerhalb seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat sind nur dann erlaubt, wenn der Gesamtaufsichtsrat vorher zustimmt. Die nachträgliche Genehmigung des Gesamtaufsichtsrats ändert an der Pflichtwidrigkeit der Zahlungen nichts.
Sachverhalt
Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende einer AG war gleichzeitig Partner einer Rechtsanwaltsgesellschaft, die für Beratungsverträge von der AG jährlich rund eine Million Euro erhielt. Die jeweiligen Einzelmandate wurden erst nach Bezahlung der Honorare dem Gesamtaufsichtsrat zur Genehmigung vorgelegt.
Übertragung dieses Sachverhalts auf Wohnungsgesellschaften
Auch in der Praxis der Wohnungsgesellschaften kommt es durchaus vor, dass zur Erbringung bestimmter Dienst- oder Werkleistungen für das Unternehmen, etwa im Bereich der Rechts- oder Steuerberatung oder der Erbringung von Architekten- und Ingenieurleistungen, Verträge mit dafür qualifizierten Aufsichtsratsmitgliedern abgeschlossen werden.
Formal sind für den Abschluss solcher Verträge auf Seiten der Gesellschaftschaft die Geschäftsführer (bzw. für die AG der Vorstand) zuständig, weil diese die GmbH vertreten (§§ 35 Abs. 1 GmbHG, 78 Abs. 1 AktG, s. auch § 8 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags für Wohnungsgesellschaften (GmbH)). Neben der Einhaltung dieser gesetzlichen Vertretungsregelung sind aber noch weitere Voraussetzungen bzw. Gesichtspunkte, u.a. aus der Rechtsprechung, zu beachten, wenn solche Verträge abgeschlossen werden sollen:
Nach dem GmbH-Gesetz besteht für Wohnungsgesellschaften keine Pflicht, einen Aufsichtsrat zu bestellen. Daher gibt es hier auch keine eigene Regelung, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die Gesellschaft Verträge mit ihren Aufsichtsratsmitgliedern, insbesondere Beraterverträge, abschließen darf. Vielmehr verweist das GmbH-Gesetz auf bestimmte entsprechende Regelungen des Aktiengesetzes, die grundsätzlich anzuwenden sind, wenn – was in der Praxis durchweg erfolgt – aufgrund des Gesellschaftsvertrags ein Aufsichtsrat bestehen muss (s. dazu im Einzelnen § 52 Abs. 1 GmbHG).
Eine mögliche Interessenkollision zwischen der Aufsichtsratstätigkeit und einer Beratertätigkeit muss zunächst in jedem Fall vermieden werden. Die wichtigste Aufgabe des Aufsichtsrats ist die Überwachung der Geschäftsführer (§ 111 Abs. 1 AktG, § 11 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags für Wohnungsgesellschaften).
Insbesondere die notwendige wirtschaftliche Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder darf nicht beeinträchtigt werden. Daher schreibt § 113 Abs. 1 Satz 2 AktG vor, dass für die Mitglieder des Aufsichtsrats nur in der Satzung oder durch Beschluss der Hauptversammlung (bzw. entsprechend die Gesellschafterversammlung) – und damit grundsätzlich auch bei die GmbH nicht durch die Geschäftsführer! – eine Vergütung festgesetzt werden darf.
Über Leistungen, die zum Aufgabenbereich der Aufsichtsratstätigkeit gehören, kann außerdem bereits kein Beratungsvertrag zwischen einem einzelnen Aufsichtsratsmitglied und dem Geschäftsführer im Namen der GmbH abgeschlossen werden. Wenn einzelne Aufsichtsratsmitglieder aufgrund von vertraglichen Vereinbarungen mit der GmbH aber grundsätzlich zulässige besondere Beratungsleistungen erbringen, dann unterstützen die betreffenden Mitglieder des Überwachungsorgans gleichzeitig die Geschäftsführer bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Es stellt sich daher die Frage, ob für den Abschluss von Beraterverträgen eine Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich ist.
Die Regelung des § 114 Abs. 1 AktG schreibt vor, dass der Abschluss von Dienst- oder Werkverträgen mit Aufsichtsratsmitgliedern nur wirksam ist, wenn der Aufsichtsrat zustimmt. Eine Zustimmung kann nach dem BGB vorher erteilt werden (sog. Einwilligung, § 183 Satz 1 BGB) oder im Nachhinein erfolgen (sog. Genehmigung, § 184 Abs. 1 BGB). In § 114 Abs. 2 Satz 1 AktG ist dementsprechend auch vorgesehen, dass der Aufsichtsrat einen bereits abgeschlossenen Vertrag genehmigen kann, wenn ein Aufsichtsratsmitglied aufgrund des Vertrags eine Vergütung erhalten hat.
Nach der hier besprochenen Entscheidung des OLG Frankfurt am Main zum Aktienrecht sind Zahlungen des Vorstands an ein Aufsichtsratsmitglied für Dienstverpflichtungen außerhalb seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat aber nur dann erlaubt, wenn der Gesamtaufsichtsrat vorher zustimmt. Die (nachträgliche) Genehmigung des Gesamtaufsichtsrats ändert an der Pflichtwidrigkeit der Zahlungen nichts.
Entscheidung
Das Gericht hat in seiner Urteilsbegründung ausgeführt, dass die Vorschrift des § 114 Abs. 1 AktG eine Verhaltensnorm ist, die es verbietet, ohne einen wirksamen (Dritt-)Vertrag Zahlungen an ein Aufsichtsratsmitglied zu leisten. Der Umstand, dass die erfolgten Zahlungen im Nachhinein genehmigt wurden, ändert nach Ansicht des OLG Frankfurt nichts an deren Pflichtwidrigkeit. Die rückwirkende Genehmigungsfiktion des § 184 Abs. 1 BGB könne ein tatsächliches Fehlverhalten nicht ungeschehen machen. Der vor der (nachträgliche...