Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Am 21.02.2010 ereignete sich in Arcen (Niederlande) ein Verkehrsunfall, an dem die Klägerin mit ihrem Fahrzeug Typ "VW Touran" mit dem amtlichen Kennzeichen ..... und Herr ..... mit seinem Kfz Typ "Jaguar" mit dem amtlichen (niederländischen) Kennzeichen .... beteiligt waren. Die Beklagte, eine niederländische Versicherungsgesellschaft, ist die Kfz-Haftpflichtversicherung des Herrn ..... (nachfolgend: Versicherungsnehmer der Beklagten). Der Versicherungsnehmer der Beklagten fuhr auf das Fahrzeug der Klägerin auf. An der Unfallstelle bestand zum Unfallzeitpunkt wegen Bauarbeiten eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 50 Stundenkilometer. Nachdem die Klägerin zunächst einen Betrag von 1.259,78 EUR geltendmachte, erklärte sie den Rechtsstreit in Höhe von 959,78 EUR für erledigt, da insoweit ihre Kaskoversicherung den Schaden ausgeglichen habe. Die Beklagte hat sich der Teilerledigungserklärung in der mündlichen Verhandlung angeschlossen.

Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagten sei das alleinige Verschulden an dem Unfall zuzuschreiben, weil diese den gegen ihren Versicherungsnehmer sprechenden Anscheinsbeweis nicht widerlegt habe. Nach den Denkgesetzen sei bei einem Auffahrunfall schlichtweg nur der Rückschluss möglich, dass sich der Auffahrende entlasten müsse. Jedenfalls sei das Einbiegen der Klägerin auf die Straße nicht Unfallursache, weil zwischen dem Einbiegemanöver und dem Zusammenstoß ein Zeitraum von rund 10 Sekunden gelegen habe müsse, wenn der Zusammenstoß etwa 100 bis 150 Meter hinter dem Tempo-50-Schild erfolgt sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von 300,- EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, die Klägerin habe den Unfall verursacht, weil diese beim Einbiegen auf die Straße die Vorfahrt ihres Versicherungsnehmers verletzt habe. Der Versicherungsnehmer der Beklagten habe gehupt, nachdem die Klägerin auf die Straße eingebogen gewesen sei, um sein Missfallen über die Vorfahrtsverletzung zu bekunden. Diese habe darauf abrupt gebremst, so dass die Fahrzeuge etwa 100 bis 150 Meter hinter dem Tempo-50-Schild zusammengestoßen seien. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass die Klägerin Eigentümer des VW Touran sei und bestreitet, dass die Beseitigung der durch den Unfall verursachten Beschädigungen 1.259,78 EUR koste.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Klage ist zulässig. Das angerufene Gericht ist gemäß Art. 11 Abs. 2, 9 Abs. 1 lit. b) EuGVVO international und örtlich zuständig. Bei Verkehrsunfällen kann der Geschädigte die Kfz-Haftpflichtversicherung an seinem Wohnsitz verklagen, wenn das anzuwendende Rechtsstatut einen Direktanspruch des Geschädigten gegen die Versicherung vorsieht (EuGH NJW 2008, 819, 820). Der streitgegenständliche Verkehrsunfall unterliegt gemäß Art 4. Abs. 1 i.V.m. Art. 18 Rom-II-VO niederländischem Recht. Es kann dahinstehen, ob das angerufene Gericht aufgrund der Verweisung auch Art. 3 des Haager Übereinkommens über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht zu beachten sind, weil die Niederlande anders als Deutschland Vertragsstaat dieses Abkommens sind, da auch jene Vorschrift zur Anwendung niederländischen Rechts führt, weil der Unfallort in den Niederlanden gelegen ist. Das niederländische Recht sieht in Art. 6 Abs. 1 S. 1 Wet ansprakelijkheidsverzekering motorrijtuigen (WAM) einen Direktanspruch des Geschädigten gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer des Schädigers vor (Asser/Hartkamp, Verbintenissenrecht, Bd. 3, Verbintenis uit de wet, 9. Aufl. 1994, Rn. 233).

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

1.)

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 300,- EUR gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1 WAM i.V.m. Art. 185 Abs. 1 Wegenverkeerswet (WVW).

a)

Ein Anspruch scheitert nicht daran, dass die Klägerin ihr Eigentum an dem beschädigten Kfz nicht nachgewiesen hätte. Die Beklagte hat die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 BGB nicht widerlegt. Die Klägerin hat das Auto unstreitig in ihrem Besitz. Gemäß Art. 43 Abs. 1 EGBGB ist insoweit ausschließlich deutsches Recht anzuwenden. Das Automobil befindet sich in Deutschland. Es hat auch seinen gewöhnlichen Belegenheitsort im Inland, was an seinem amtlichen deutschen Kraftfahrzeugkennzeichen ersichtlich ist.

b)

Art. 185 Abs. 1 WVW begründet auch einen Schadensersatzanspruch gegen den Eigentümer und den Halter eines Kraftfahrzeuges, wenn durch dieses ein Schaden verursacht wird; dabei wird ein Verschulden des Fahrzeugeigentümers/-halters vermutet. Gemäß Art. 185 Abs. 3 WVW gilt die Vorschrift aber nicht nicht bei Unfällen mit freilaufenden Tieren und mit anderen Kraftfahrzeugen in Bewegung oder an Personen oder Sachen, die mit dem anderen Kraftfahrzeug befördert werden (Hijma/Olthof, Nederlands ...

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