Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung
Tenor
1.) Die Klage wird abgewiesen.
2.) Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin bliebt es nachgelassen, die Vollstreckung aus dem Urteil wegen der Kosten gegen Leistung einer Sicherheit von 900,– DM abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte in gleicher Höhe Sicherheit erbringt.
Tatbestand
Aufgrund schriftlichen Vertrages vom 01.06.1992 (Blatt 7–12 d.A.) hat die Klägerin an die Beklagte eine 3-Zimmer-Mietwohnung von einer Größe vom 66 qm in Koblenz, vermietet. Im März 1983 nahm die Beklagte ihre Tochter, die mit ihrem Ehemann in Scheidung lebte, sowie das minderjährige Kind ihrer Tochter in ihrer Wohnung auf. Erstmals mit Schreiben vom 29.03.1983 (Blatt 26 d.A.) forderte die Klägerin die Beklagte auf, die Mitbenutzung der Wohnung ihrer Tochter und Enkeltochter zu beenden. Danach erfolgte, da die Beklagte dieser Aufforderung nicht nachkam, ein Schriftverkehr zwischen dem Haus- und Grundeigentümer-Verein auf seiten der Klägerin und dem Mieterbund Neuwied-Koblenz auf seiten der Beklagten über die Frage, ob die Mitbenutzung der Wohnung durch die Tochter und Enkeltochter zulässig sei. Mit Schreiben vom 09.02.1984 (Blatt 13–16 d.A.) erklärten die Rechtsanwälte der Klägerin gegen über der Beklagten die fristlose Kündigung unter Berufung darauf, daß der Mitgebrauch der Wohnung trotz mehrfacher Abmahnung fortgesetzt würde. Gleichzeitig setzten die Anwälte der Klägerin in diesem Schreiben eine Räumungsfrist bis zum 18.02.1984. Als die Beklagte der Aufforderung nicht nachkam, erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 23.02.1983 – bei Gericht eingegangen am 24.02.1984 – (Blatt 1 ff. d.A.) die hier rechtshängige Klage auf Räumung und Herausgabe der Mietwohnung.
Die Klägerin trägt vor, die Gebrauchsüberlassung der Mieträume an die Tochter und Enkeltochter widerspreche den vertraglichen Bestimmungen des Mietvertrages. Mag sich die Tochter der Beklagten im März 1983 noch in einer Notsituation befunden haben, so sei diese im Verlaufe der Zeit nicht mehr gegeben. Auch habe die Tochter der Beklagten einen Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehegatten, der es ihr ermögliche, eine eigene Wohnung anzumieten, jedenfalls falle die Mitbenutzung der Wohnung nicht unter eine Unterhaltspflicht der Beklagten gegenüber ihrer Tochter.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die im Hause … gelegene Souterrain-Einliegerwohnung, bestehend aus 3 Zimmern, 1 Küche, 1 Korredor, 1 Toilette mit Bad, Abstellraum und 1 Terrasse, zu räumen und in vertragsgemäßen Zustand an die Klägerin herauszugeben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, die Klägerin habe kein Recht zur Kündigung. Unbeschadet der im schriftlichen Vertrag getroffenen Vereinbarungen habe die Beklagte das Recht, ihre Tochter und Enkeltochter auch auf längere Zeit hin als Familienangehörige in ihrer Wohnung aufzunehmen, zumal dies für die Klägerin als Vermieterin nicht unzumutbar sei.
Zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze und Urkunden verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Recht zu auf fristlose Kündigung des mit der Beklagten bestehenden Mietvertragsverhältnisses.
Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, die Beklagte habe im Widerspruch zu dem schriftlichen Mietvertrag, insbesondere § 2 Ziff. 4 und § 9 Ziff. 2 eine Untervermietung oder Gebrauchsüberlassung an ihre Tochter und Enkeltochter vorgenommen.
Es ist in Rechtsprechung und Literatur ganz überwiegende Meinung (vgl. Sternel, Mietrecht, 2. Auflage, II. Anmerkung 332; OLG Hamm, Rechtsentscheid vom 17.08.82, abgedruckt in NJW 82, S. 2876–2281 mit weiteren Nachweisen), daß der Mieter Ehegatten, Kinder und nächste Angehörige aufnehmen darf, um mit ihnen einen gemeinsamen Haushalt zu führen. Diese Personengruppe wird nicht als Dritte im Sinne des § 549 Abs. I BGB angesehen, für die eine Untervermietung einer Erlaubnis des Vermieters bedarf. Familienmitglieder, wie im vorliegenden Fall die Tochter und Enkeltochter der Beklagten, gehören zu dem privilegierten Personenkreis, dem die Überlassung der Mitbenutzung einer Mietwohnung grundsätzlich vom Vermieter nicht verwehrt werden kann, es sei denn, die Gebrauchsüberlassung sei nach der Interessenlage des Vermieters unzumutbar. Insoweit zählt der § 549 Abs. II S. 1 BGB mehrere Unzumutbarkeitskriterien auf, die im vorliegenden Fall – unstreitig – nicht gegeben sind. Insbesondere liegt auch keine Überbelegung der Mietwohnung der Beklagten vor, da eine 66 qm große 3-Zimmerwohnung durchaus für zwei Erwachsene und ein minderjähriges Kind als Wohnort geeignet ist.
Die Meinung der Klägerin, die Tochter der Beklagten zähle nicht zu den Familienangehörigen im gesetzlich gemeinten Sinne, geht fehl. Der Begriff „Familienangehöriger” knüpft nicht an an eine irgendwie Unterhaltspflicht, sondern vielmehr an ei...