Orientierungssatz
Eine Verspätung ist einer Annullierung eines Flugs nicht gleichzusetzen.
Die Berufung wurde zugelassen.
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4.
Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung seitens der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, es sei denn, die Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe.
5.
Die Berufung gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Streitwert: 500,- EUR.
Tatbestand
Mit der an das Amtsgericht Stuttgart gerichteten Klage vom 30.03.2010 verlangten die beiden Kläger von der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen mit Sitz in Köln K, jeweils die Zahlung von 250,- EUR nebst Zinsen im Hinblick auf den von den Klägern bei der Beklagten gebuchten Flug mit der Nr. 4U2049 x, dessen Abflug ab Hamburg H für 21.00 Uhr geplant war. Planmäßige Ankunft in Stuttgart S war für 22.15 Uhr vorgesehen.
Das Amtsgericht Stuttgart hat auf seine örtliche Unzuständigkeit hingewiesen und den Rechtsstreit schließlich mit Beschluss vom 30.06.2010 auf Antrag der Kläger an das Amtsgericht Nürtingen verwiesen, da der Flughafen Stuttgart S im Bezirk des Amtsgerichts Nürtingen liegt.
Die Kläger haben vorgebracht, der Flug sei gegen Mitternacht kurzfristig abgesagt worden. Erst zu diesem Zeitpunkt sei den Passagieren angeboten worden, wahlweise den ersten oder zweiten Flug, der am folgenden Tag nach Stuttgart S ging, wahrzunehmen. Darauf hin gelangten unstreitig die Kläger am 12.10.2007 mit dem Flug Nr. 4U2041 x, Abflugszeit 08.10 Uhr in Hamburg H, an den Ankunftsort Flughafen Stuttgart S.
In der mündlichen Verhandlung vom 13.09.2010, vgl. Bl. 196 ff. d. Gerichtsakten, haben die Kläger kundgetan, dass kurz vor Mitternacht oder kurz nach Mitternacht alle Passagiere im Flugzeug gesessen hätten und auf den Start gewartet hätten. Es habe vielleicht 15 Minuten gedauert, dann sei eine Durchsage aus dem Cockpit gekommen, leider findet der Flug heute Nacht nach Stuttgart S nicht statt, es gebe eine technische Störung.
Die Klägerin Ziffer 1 hat ergänzt, dass sie sich auch noch an das Stichwort "Nachtflugverbot" erinnere. Es könne aber sein, dass dies von einem Passagier gekommen sei.
Die Kläger haben weiter in der mündlichen Verhandlung kundgetan, dass eine junge Dame von der Beklagten auch den Klägern bekannt gegeben habe, dass es die Möglichkeit gäbe, drei verschiedene Flüge am kommenden Morgen zu benutzen und zwar einen Flug ganz früh am Morgen, so um 06.00 Uhr herum. Hier sei der Vorschlag verbunden gewesen, dass sich die betreffenden Passagiere in einer noch zu öffnenden Halle des Flughafens niederlassen könnten zum Campieren, um auch wirklich pünktlich da zu sein. Ein zweiter Flug wurde angeboten nach 08.00 Uhr, und diesen zweiten Flug hätten die Kläger dann auch genommen. Die Kläger haben sich entschieden, die angebotene Hotelübernachtung in Anspruch zu nehmen und wurden mit einem Taxi ins Hotel gebracht und auch zurück vom Hotel zum Flughafen. Die Kläger haben vorgetragen, es möge sein, dass der 06.00 Uhr-Flug, der angeboten worden sei, ein solcher sei, der nur deswegen angeboten wurde, weil der 21.00 Uhr-Flug am Vortag ausgefallen war.
Die Kläger haben in der Klageschrift sich auf einen Ausgleichsanspruch aus Artikel 7 Abs. I a) der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (im Folgenden nur noch Verordnung genannt) wegen großer Verspätung/Annullierung des von ihnen gebuchten Fluges berufen.
Gegenüber dem bereits außergerichtlich von der Beklagten geäußerten Sachvortrag, den die Beklagte im Prozessgeschehen wiederholt hat, dass nämlich der gebuchte Flug Nr. 4U2049 x, planmäßiger Abflug Hamburg H 21.00 Uhr, am Folgetag um 04.16 Uhr UTC (06.16 Uhr MEZ) "off-block" gegangen sei, der Flug sei somit nicht annulliert gewesen, sondern nur verspätet durchgeführt worden, haben die Kläger bereits in der Klageschrift die Auffassung vertreten, hierauf komme es nicht an, weil Fluggästen bei - wie hier - großer Verspätung im Sinne von Artikel 6 Abs. 1 der Verordnung ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach Artikel 7 zustehe, wie bei einer Annullierung des Fluges. Dabei hat sich die Klägerseite ausdrücklich auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes, Aktenzeichen X a ZR 95/06 vom 18.02.2010, sowie die vorangegangene Entscheidung des EuGH, Aktenzeichen C-402/07 und C-432/07 vom 19.11.2009, berufen.
Die Kläger stehen auf dem Standpunkt, die Annullierung oder Verspätung sei nicht auf einem außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Artikel 5 Abs. III der Verordnung beruhend.
Die Kläger haben beantragt, wie folgt für Recht zu erkennen:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger jeweils 250,- EUR nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 07.11.2007 zu bezahlen.
Die Beklagte hat
Klageabweisung beantragt.
Sie macht geltend, der erhobene Anspruch bestehe bereits mangels Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen von vornherein nicht. Er sei jedenfalls gemä...