Einführung
Wird in einem gerichtlichen Verfahren ein Vergleich geschlossen, mit dem auch nicht anhängige Gegenstände erledigt werden, so bereitet die richtige Abrechnung offenbar erhebliche Schwierigkeiten, wie zahlreiche fehlerhafte Abrechnungen und Kostenfestsetzungsanträge in der Praxis zeigen.
Eingeklagt war eine Forderung in Höhe von 27.000,00 EUR. Im Termin haben die Parteien einen Vergleich geschlossen und darin auch weitere nicht anhängige Gegenstände in Höhe von 13.000,00 EUR mit verglichen.
Zur Kostenausgleichung wurden angemeldet:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 27.000,00 EUR) |
985,40 EUR |
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2. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 VV (Wert: 13.000,00 EUR) |
420,80 EUR |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,3 aus 40.000,00 EUR |
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1.172,60 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr Nr. 3104 VV (Wert: 27.000,00 EUR) |
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909,60 EUR |
4. |
1,0-Einigungsgebühr Nrn. 1000, 1003 VV (Wert 40.000,00 EUR) |
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902,00 EUR |
5. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
3.004,20 EUR |
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6. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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570,80 EUR |
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Gesamtbetrag |
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3.575,00 EUR |
I. Verfahrensgebühr
Zutreffend hat der Anwalt noch erkannt, dass bei der Verfahrensgebühr ein Mehrwert zu berücksichtigen ist.
Berechnung ist umstritten
Die Berechnung der Verfahrensgebühr ist allerdings umstritten, wenn der Vergleich – wie hier – im Termin geschlossen wird. Insoweit kann hier jedoch offen bleiben, ob zutreffenderweise von vornherein eine 1,3-Verfahrensgebühr aus 40.000,00 EUR hätte abgerechnet werden müssen (so AnwK-RVG/N. Schneider, 5. Aufl. 2010, Nr. 1000 Rn 189; Mayer/Kroiß, RVG, Nr. 3101 Rn 45; ausführlich N. Schneider, Berechnung der Verfahrensgebühr(en) bei Abschluss einer Einigung auch über nicht anhängige Gegenstände im gerichtlichen Termin, AGS 2007, 277 ff.; a.A. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, Nr. 3101 Rn 91). Es kommt hier letztlich nicht darauf an, weil auch bei Ansatz einer 1,3-Gebühr aus 27.000,00 EUR und einer 0,8-Verfahrensgebühr aus 13.000,00 EUR gem. § 15 Abs. 3 RVG das Gesamtgebührenaufkommen einer 1,3-Gebühr aus 40.000,00 EUR erreicht wird.
II. Einigungsgebühr
Bei der Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV) hat der Anwalt noch erkannt, dass sich die Einigung über insgesamt 40.000,00 EUR verhält.
Einigungsgebühr fällt zu unterschiedlichen Sätzen an
Übersehen hat er aber, dass für die Einigungsgebühr zwei unterschiedliche Sätze anzuwenden sind. Grundsätzlich gilt für eine Einigungsgebühr ein Gebührensatz von 1,5 (Nr. 1000 VV). Nur soweit der Gegenstand anhängig ist, reduziert sich der Gebührensatz auf 1,0.
Anhängig waren hier aber nur 27.000,00 EUR, so dass sich auch nur nach diesem Gegenstandswert die Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV auf 1,0 ermäßigt hat. Im Übrigen blieb es bei der 1,5-Einigungsgebühr.
Insgesamt war allerdings § 15 Abs. 3 RVG zu berücksichtigen. Es durfte nicht mehr abgerechnet werden als eine 1,5-Einigungsgebühr aus dem Gesamtwert von 40.000,00 EUR.
III. Terminsgebühr
Terminsgebühr entsteht aus dem Gesamtwert
Die Terminsgebühr hatte der Anwalt nur aus dem Wert der rechtshängigen Gegenstände abgerechnet. Dieser Fehler kommt in der Praxis häufig vor.
Schriftlicher Vergleich lässt Terminsgebühr bereits entstehen
Abgesehen davon, dass die Terminsgebühr schon dadurch entsteht, dass über nicht anhängige Gegenstände zur Vermeidung eines Verfahrens verhandelt wird (Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV), fällt die Terminsgebühr immer an bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs (Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV). Ein solcher schriftlicher Vergleich muss nicht ein Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO sein. Auch ein privatschriftlicher Vergleich reicht aus oder ein gerichtlich protokollierter, da auch ein solcher Vergleich ein schriftlicher ist.
IV. Zutreffende Berechnung
Abzurechnen war daher wie folgt:
1. |
1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 40.000,00 EUR) |
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1.172,60 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr Nr. 3104 VV (Wert: 40.000,00 EUR) |
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1.082,40 EUR |
3. |
1,0-Einigungsgebühr Nrn. 1000, 1003 VV (Wert 27.000,00 EUR) |
758,00 EUR |
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4. |
1,5-Einigungsgebühr Nr. 1000 VV (Wert 13.000,00 EUR) |
789,00 EUR |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,5 aus 40.000,00 EUR |
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1.353,00 EUR |
5. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
3.628,00 EUR |
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6. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
689,32 EUR |
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Gesamtbetrag |
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4.317,32 EUR |
Auch bei Berechnung lediglich einer 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 VV aus dem Mehrwert ändert sich am Ergebnis nichts:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 40.000,00 EUR) |
985,40 EUR |
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2. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 VV (Wert: 13.000,00 EUR) |
420,80 EUR |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,3 aus 40.000,00 EUR |
|
1.172,60 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr Nr. 3104 VV (Wert: 40.000,00 EUR) |
|
1.082,40 EUR |
4. |
1,0-Einigungsgebühr Nrn. 1000, 1003 VV (Wert 27.000,00 EUR) |
758,00 EUR |
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5. |
1,5-Einigungsgebühr Nr. 1000 VV (Wert 13.000,00 EUR) |
789,00 EUR |
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|
gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,5 aus 40.000,00 EUR |
|
1.353,00 EUR |
6. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
3.628,00 EUR |
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7. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
689,32 EUR |
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Gesamtbetrag |
|
4.317,32 EUR |