Einigungsgebühren zählen zu den Kosten des Vergleichs
Dass sowohl die 1,0-Einigungsgebühr der Nrn. 1000, 1003 VV aus dem Wert der anhängigen 15.000,00 EUR als auch die 1,5-Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV) aus dem Wert der nicht anhängigen 8.000,00 EUR zu den Kosten des Vergleichs gehören und damit gegeneinander aufzuheben – also von jeder Partei selbst zu tragen – sind, ist eindeutig. Ebenso eindeutig ist, dass die 0,25-Gerichtgebühr der Nr. 1900 GKG-KostVerz. hälftig zu teilen ist. Wie verhält es sich aber mit den Verfahrens- und der Terminsdifferenzgebühren?
Verfahrens- und Terminsdifferenzgebühren sind unabhängig vom Vergleich
Im Ausgangsfall ließe sich jetzt argumentieren, die Differenzgebühren müssten der Kostenquote folgen, da es sich nicht um Kosten des Vergleichs handele (so noch zur vergleichbaren Lage nach der BRAGO: LG Bonn AGS 1997, 27 = JurBüro 1998, 33 m. Anm. Enders = zfs 1997, 192; OLG Frankfurt AGS 2003, 516). Begründen ließe sich diese Auffassung damit, dass die Differenzgebühren nicht erst mit Abschluss des Vergleichs anfallen, sondern bereits mit Beginn der Einigungsverhandlungen. Sie sind also – im Gegensatz zu den Einigungsgebühren – nicht davon abhängig, dass es tatsächlich zum Vergleich kommt, bzw. der Vergleich Bestand behält. Sie sind vielmehr davon unabhängig und bleiben auch bestehen, wenn es nicht zu Vergleichsanschluss kommt oder der Vergleich widerrufen wird.
Abwandlung
Wie Ausgangsfall,
a) die Vergleichsverhandlungen scheitern, sodass es nicht zum Abschluss des Vergleichs kommt;
b) der Vergleich ist unter Widerruf abgeschlossen, aber von einer Partei widerrufen worden.
Abzurechnen ist in beiden Fällen wie folgt.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
845,00 EUR |
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(Wert: 15.000,00 EUR) |
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2. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 VV |
364,80 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als |
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1.024,40 EUR |
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1,3-Gebühr aus 23.000,00 EUR |
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3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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945,60 EUR |
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(Wert: 23.000,00 EUR) |
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4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.990,00 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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378,10 EUR |
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Gesamt |
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2.368,10 EUR |
An der Verfahrensdifferenz- und der Terminsgebühr ändert sich also durch den Wegfall der Einigung nichts, da diese Gebühren bereits für das Verhandeln entstehen und nicht vom Vergleichsabschluss bzw. dessen Bestand abhängig sind.
H.M.: Verfahrens- und Terminsdifferenzgebühr zählen zu den Kosten des Vergleichs
Die bisher überwiegende Rechtsprechung hatte die Differenzgebühren jedoch immer schon zu den Kosten des Vergleichs gezählt (so zuletzt OLG Stuttgart JurBüro 2017, 486 = RVGreport 2017, 395). Begründet wurde dies vor allem damit, dass diese Kosten erst dann zu den festsetzungsfähigen Kosten des Verfahrens würden, wenn der Vergleich abgeschlossen werde und Bestand behalte. So sei es zwar richtig, dass die Differenzgebühren auch dann entstünden, wenn es nicht zum Abschluss des Vergleichs komme oder der Vergleich widerrufen werde (s. Abwandlung); allerdings würden dann die Differenzgebühren nicht zu den Kosten des Rechtsstreits zählen und könnten nicht festgesetzt werden.
Des Weiteren wurde der Parteiwille herangezogen. Auch gerichtliche Vergleiche seien nach § 133 BGB auszulegen. Würden die Parteien vereinbaren, dass die Kosten des Vergleichs gegeneinander aufgehoben werden, dann gingen sie davon aus, dass nur die Kosten des anhängigen Verfahrens quotiert werden sollen und hinsichtlich der sich aus der vergleichsweisen Einbeziehung nicht anhängiger Gegenstände ergebenden Mehrkosten eine Erstattung wechselseitig ausgeschlossen sein soll. Nach dem Verständnis der Parteien würden nämlich zu den Kosten des Vergleichs auch die Differenzgebühren gehören, weil der Vergleich in der Regel nur dann zustande komme, wenn die weiteren nicht anhängigen Gegenstände miteinbezogen werden (OLG München AGS 2006, 402 = Rpfleger 2006, 572 = FamRZ 2006, 1695 = JurBüro 2006, 598 = RVGreport 2006, 393; OLG Koblenz AGS 2007, 367 = JurBüro 2007, 138 = FamRZ 2007, 845; OLG Hamburg MDR 1999, 1527 = JurBüro 2000, 205; OLG Köln MDR 2010, 114). Würden die Parteien etwas anderes wollen, dann müssen sie dies ausdrücklich vereinbaren, etwa, dass die Kosten des Rechtsstreits gequotelt werden und lediglich die Einigungsgebühren gegeneinander aufgehoben würden. In diesem Falle sei eindeutig, dass es auch hinsichtlich der Differenzgebühren bei der Kostenquotierung bleibt.