Leitsatz
Der mit der Vertretung im erwarteten Eilverfahren betraute Rechtsanwalt erhält für die gegen einen erwarteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei Gericht eingereichte Schutzschrift mit Sachvortrag eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV, wenn der Verfügungsantrag bei Gericht eingeht und später wieder zurückgenommen wird (Bestätigung von BGH AGS 2008, 274).
BGH, Beschl. v. 5.11.2009 – I ZB 16/08
I. Der Fall
Der spätere Antragsgegner hatte gegen einen erwarteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch seinen Anwalt bei Gericht eine Schutzschrift einreichen lassen. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung wurde anschließend auch gestellt, vom Gericht aber kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Antragsgegner beantragte daraufhin die Festsetzung einer 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV. Das LG hat diese Gebühr antragsgemäß festgesetzt.
Dagegen hat der Antragsteller sofortige Beschwerde erhoben. Er ist der Auffassung, dass nur eine ermäßigte 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 VV anfalle, wenn der Verfügungsantrag bei Gericht eingehe und später wieder zurückgenommen werde.
Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Die zugelassene Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg.
II. Die Entscheidung
Rechtsanwalt erhält eine 1,3-Verfahrensgebühr
Wie der Senat mit Beschl. v. 13.3.2008 – I ZB 20/07 (AGS 2008, 274 = zfs 2008, 406 = NJW-RR 2008, 1093 = BGHReport 2008, 830 = Rpfleger 2008, 535 = JurBüro 2008, 428 = NJW-Spezial 2008, 379 = RVGreport 2008, 223 = AnwBl 2008, 550 = BRAK-Mitt 2008, 184 = MDR 2008, 1126) entschieden hat, erhält der mit der Vertretung im erwarteten Eilverfahren betraute Rechtsanwalt für die gegen einen erwarteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei Gericht eingereichte Schutzschrift mit Sachvortrag eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV, wenn der Verfügungsantrag bei Gericht eingeht und später wieder zurückgenommen wird. Ausschlaggebend hierfür sei, dass die Schutzschrift bereits einen Sachvortrag enthält, den das Gericht bei einer Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung berücksichtigen muss.
III. Der Praxistipp
Die Entscheidung ist zutreffend. Dass für das Einreichen einer Schutzschrift eine Verfahrensgebühr entsteht, ist unstrittig, da der Anwalt im Hinblick auf ein gerichtliches Verfahren tätig wird und folglich insoweit i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 2 VV das Geschäft betreibt.
Grundsätzlich entsteht in einem erstinstanzlichen Verfahren nach Nr. 3100 VV eine 1,3-Verfahrensgebühr. Lediglich dann, wenn ein Ausnahmefall nach Nr. 3101 VV vorliegt, ermäßigt sich die Gebühr auf 0,8.
Hier hatte der Anwalt einen Schriftsatz mit Sachvortrag eingereicht. Damit war die Anwendbarkeit der Nr. 3101 Nr. 1 VV ausgeschlossen, so dass es bei der 1,3-Verfahrensgebühr blieb.
Wieso der BGH stets erwähnt, dass die Gebühr nur dann entstehe, wenn der Verfügungsantrag anschließend auch eingereicht werde, ist nicht nachvollziehbar. Die Höhe der Gebühr für die Tätigkeit des Anwalts, der die Schutzschrift einreicht, kann doch nicht davon abhängen, ob die Gegenseite noch etwas veranlasst oder nicht. Der Anwalt erhält die volle 1,3-Verfahrensgebühr, weil er einen Schriftsatz mit Sachantrag einreicht und nicht, weil der Gegner den Verfügungsantrag stellt.