Ist ein Rechtsstreit vor einem auswärtigen Gericht zu führen, wird häufig am auswärtigen Gerichtsort ein Terminsvertreter bestellt. Der am Sitz der Partei ansässige Anwalt fungiert dann weiterhin als Hauptbevollmächtigter. Für die Wahrnehmung des Gerichtstermins wird zusätzlich ein Terminsvertreter im Namen der Partei beauftragt. Der prozessbevollmächtigte Anwalt erhält dann seine Vergütung nach den Nrn. 3100 ff. VV. Der Terminsvertreter wiederum rechnet nach den Nrn. 3401 ff. VV ab.
Beispiel
Die Partei hat ihren Wohnsitz in Köln und beauftragt dort einen ansässigen Rechtsanwalt, sie in einem Verfahren vor dem LG München I zu vertreten. Das Gericht beraumt Termin zur mündlichen Verhandlung an. Daraufhin bestellt der Kläger einen Terminsvertreter in München, der an dem Termin teilnimmt. Der Streitwert wird auf 8.000,00 EUR festgesetzt.
Abzurechnen ist jetzt wie folgt:
I. Prozessbevollmächtigter |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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592,80 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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2 |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
612,80 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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116,43 EUR |
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Gesamt |
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729,23 EUR |
II. Terminsvertreter |
1. |
0,65-Verfahrensgebühr, Nrn. 3401, 3100 VV |
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296,40 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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547,20 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
863,60 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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164,08 EUR |
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Gesamt |
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1.027,68 EUR |
Kosten des Terminsvertreters sind erstattungsfähig
Nach der Rechtsprechung des BGH sind die Kosten des Terminsvertreters zu erstatten, soweit sie die ersparten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nicht wesentlich überschreiten.
Die Kosten eines Unterbevollmächtigten, der für den auswärtigen Prozessbevollmächtigten die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, sind erstattungsfähig, soweit sie die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten ersparten, erstattungsfähigen Reisekosten des Prozessbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen.
BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, AGS 2003, 97 = Rpfleger 2003, 98 = MDR 2003, 233 = FamRZ 2003, 441 = JurBüro 2003, 202 = AnwBl 2003, 309 = NJW 2003, 898 = BRAK-Mitt 2003, 25 = BRAGOreport 2003, 13 = VersR 2003, 877
Wesentlichkeitsgrenze beachten
Als wesentlich wird dabei eine Grenze von 10 % angesehen. Mit anderen Worten: Bis 110 % der ersparten Reisekosten sind die Kosten des Terminsvertreters erstattungsfähig.
Die Kosten der Einschaltung eines Unterbevollmächtigten zur Terminswahrnehmung sind bis 110 % der fiktiven Reisekosten des Hauptbevollmächtigten zur Terminswahrnehmung erstattungsfähig.
BGH, Beschl. v. 6.11.2014 – I ZB 38/14, AGS 2015, 241 = AnwBl 2015, 529 = Rpfleger 2015, 425 = NJW-RR 2015, 761 = zfs 2015, 404 = VersR 2015, 909 = MDR 2015, 547 = BRAK-Mitt 2015, 155 = FamRZ 2015, 1021 = RVGreport 2015, 267
Wäre es zur Durchführung des Termins gekommen, dann wären beim Hauptbevollmächtigten folgende Reisekosten angefallen, wenn man davon ausgeht, dass er Hin- und Rückreise an einen Tag bewerkstelligt hätte:
2 x 575 km x 0,30 EUR/km |
345,00 EUR |
Abwesenheitsentgelt, Nr. 7005 Nr. 3 VV |
70,00 EUR |
Gesamt |
415,00 EUR |
Die Mehrkosten des Terminsvertreters belaufen sich dagegen nur auf 296,40 EUR (0,65-Verfahrensgebühr) + 20,00 EUR (Postentgeltpauschale) = 316,40 EUR, sodass dessen Kosten in voller Höhe erstattungsfähig sind.
Problematisch ist die Kostenerstattung, wenn es nicht mehr zum Gerichtstermin kommt, sondern dieser vorher abgesagt wird, aber bereits ein Terminsvertreter beauftragt worden war.
Verfahrensgebühr entsteht auch bei Aufhebung des Termins
Mit Erteilung des Auftrags und Entgegennahme der Information entsteht zwar beim Terminsvertreter gem. Vorbem. 3 Abs. 2 VV die Verfahrensgebühr der Nrn. 3401, 3100 VV; kommt es nicht mehr zum Termin, dann ermäßigt sich die Verfahrensgebühr des Terminsvertreters allerdings auf 0,5 (Nr. 3405 VV).
Würde man jetzt den Vergleich mit den ersparten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten ziehen, wären die Kosten des Terminsverteters nicht erstattungsfähig, weil mangels eines gerichtlichen Termins beim Hauptbevollmächtigten keine Reisekosten angefallen wären.
Auch hier Vergleich mit ersparten Reisekosten
Diese Betrachtung würde jedoch unberücksichtigt lassen, dass eine Partei sich rechtzeitig um einen Terminsvertreter bemühen und sie grds. nicht mit der Aufhebung eines anberaumten Termins rechnen muss. Daher ist in den Fällen, in denen es nicht mehr zur Durchführung des Termins kommt, auf die Reisekosten abzustellen, die der Hauptbevollmächtigte gehabt hätte, wenn es zum Termin gekommen wäre.
Die Kosten eines Unterbevollmächtigten, der mit der Terminswahrnehmung beauftragt wurde, sind bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten des Hauptbevollmächtigten auch dann gegen die kostenpflichtige Partei festzusetzen, wenn der zuvor anberaumte Termin aufgehoben wird.
OLG Celle, Beschl. v. 26.1.2012 – 2 W 16/12, RVGreport 2012, 269 = NdsRpfl 2012, ...