Fiktive Terminsgebühr möglich
Darüber hinaus kann die Terminsgebühr auch unter den Voraussetzungen der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV als sog. fiktive Terminsgebühr entstehen. Möglich sind auch hier alle Varianten.
1. Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
Entscheidung im schriftlichen Verfahren
Entscheidet das Gericht im Verfahren nach § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung, entsteht ebenfalls eine 1,2-Terminsgebühr (Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV).
Beispiel 5
Nach Klageerhebung (Wert: 500,00 EUR) ordnet das Gericht das schriftliche Verfahren nach § 495a ZPO an und entscheidet nach Ablauf der Schriftsatzfrist durch Urteil.
Der Anwalt verdient neben der 1,3-Verfahrensgebühr auch eine 1,2-Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV, obwohl es keinen gerichtlichen Termin gegeben hat.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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58,50 EUR |
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(Wert: 500,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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54,00 EUR |
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(Wert: 500,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
132,50 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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25,18 EUR |
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Gesamt |
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157,68 EUR |
Beteiligung des Beklagten unerheblich
Strittig war nach Einführung des RVG, ob eine volle 1,2-Terminsgebühr auch dann anfällt, wenn sich der Beklagte am Verfahren nicht beteiligt. Einige Gerichte waren der Auffassung, dass die Nichtbeteiligung des Beklagten am Verfahren nach § 495a ZPO einer Säumnis gleichstehe, sodass in diesem Fall nur eine 0,5-Terminsgebühr anfalle (Anm. Abs. 3 zu Nr. 3105 VV).
Bei Säumnis der Gegenpartei im Verfahren nach § 495a ZPO entsteht auch dann nur eine 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV, wenn das Gericht statt eines Versäumnisurteils ein "streitiges" Endurteil erlässt.
AG München, Beschl. v. 14.5.2007 – 232 C 34432/06, AGS 2007, 442
Äußert sich der Beklagte in einem Verfahren nach § 495a ZPO nicht zur Sache, so steht dem Klägervertreter nur eine 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV zu.
AG Freising, Beschl. v. 17.12.2007 – 7 C 1520/07, AGS 2008, 71 = JurBüro 2008, 142
Stellt der Beklagte im schriftlichen Verfahren nach § 495a ZPO keine Anträge, fällt für das Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten des Klägers nur eine 0,5-Terminsgebühr an. Das gilt auch, wenn das Gericht durch Endurteil entscheidet.
AG Cloppenburg, Beschl. v. 20.10.2006 – 21 C 879/06, JurBüro 2007, 79
Dabei haben diese Gerichte jedoch übersehen, dass in diesen Fällen kein Versäumnisurteil beantragt wird und auch nicht ergeht, sondern ein Endurteil und damit die Ermäßigungsvorschrift der Nr. 3105 VV schon tatbestandlich gar nicht anwendbar ist. Nach zutreffender Ansicht entsteht daher die volle 1,2-Terminsgebühr.
Die Terminsgebühr beträgt in § 495a ZPO-Verfahren auch dann, wenn keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat und das Verfahren einseitig geblieben ist, die 1,2-fache Gebühr, jedenfalls sofern das Verfahren nicht ausdrücklich als Verfahren gem. § 276 ZPO durchgeführt und Versäumnisurteil gem. § 331 Abs. 3 S. 1 ZPO erlassen worden ist.
AG Kleve, Urt. v. 10.7.2006 – 30 C 236/05, BeckRS 2006, 09994
Beispiel 6
Nach Klageerhebung (Wert: 500,00 EUR) ordnet das Gericht das schriftliche Verfahren nach § 495a ZPO an und setzt dem Beklagten eine Frist zur Stellungnahme. Der Beklagte meldet sich nicht, sodass das Gericht nach Ablauf der Schriftsatzfrist ein Endurteil erlässt.
Ungeachtet der "Säumnis" des Beklagten entsteht die volle 1,2-Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV, da weder ein Versäumnisurteil beantragt noch ergangen ist.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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58,50 EUR |
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(Wert: 500,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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54,00 EUR |
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(Wert: 500,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
132,50 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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25,18 EUR |
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Gesamt |
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157,68 EUR |
Voraussetzung: Entscheidung in der Hauptsache
Voraussetzung ist allerdings eine Entscheidung in der Hauptsache. Kommt es im Verfahren nach § 495a ZPO nicht zu einer Entscheidung, etwa wegen Klagerücknahme oder Erledigung der Hauptsache, dann entsteht keine Terminsgebühr. Nicht das "schriftliche Verhandeln", steht der mündlichen Verhandlung gleich, sondern erst die Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 495a ZPO.
Beispiel 7
Nach Klageerhebung (Wert: 500,00 EUR) ordnet das Gericht das schriftliche Verfahren nach § 495a ZPO an. Es werden mehrere Schriftsätze gewechselt. Hiernach nimmt der Kläger die Klage zurück.
Der Anwalt hat jetzt nur die 1,3-Verfahrensgebühr verdient. Eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV ist nicht entstanden, da keine Entscheidung ergangen ist.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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58,50 EUR |
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(Wert: 500,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschal... |