Unterschiedliches Kostenrecht für Wahlanwalts- und PKH-Vergütung war möglich
Mit dem KostRÄG 2021 wird die Übergangsvorschrift des § 60 Abs. 1 RVG hinsichtlich des beigeordneten Anwalts geändert. Nach der alten Fassung wurde zum Teil die Auffassung vertreten, dass für die Wahlanwaltsgebühr auf die Auftragserteilung abzustellen sei und für die PKH-Gebühren auf die Beiordnung. Dies konnte dann dazu führen, dass für denselben Anwalt hinsichtlich der Wahlanwalts- und der PKH-Vergütung unterschiedliches Recht anzuwenden war.
Beispiel
Im Juni 2013 wurde der Anwalt vom Beklagten beauftragt, die Verteidigungsbereitschaft gegen eine Klage anzuzeigen. Im August 2013 wurde anschließend ein PKH-Antrag gestellt. Prozesskostenhilfe wurde bewilligt und der Rechtsanwalt wurde beigeordnet.
Die Wahlanwaltsvergütung richtete sich unstreitig nach dem alten Recht vor dem 1.8.2013. Zum Teil wurde jedoch vertreten, dass sich die Vergütung gegenüber der Staatskasse bereits nach den neuen Gebührenbeträgen ab dem 1.8.2013 richten solle, da ab August 2013 neues Gebührenrecht galt.
Das gleiche Problem konnte beim Pflichtverteidiger auftreten. Diese Zweispurigkeit ist nun mit dem Kostenrechtsänderungsgesetz beseitigt worden.
Auftragserteilung maßgebend für alle Vergütungsansprüche
Danach gilt künftig immer das Datum der Auftragserteilung (§ 60 Abs. 1 S. 1 RVG), und zwar nicht nur für die Wahlanwaltsvergütung, sondern auch für eine entsprechende PKH-Vergütung in dieser Sache (§ 60 Abs. 1 S. 2 RVG). Ist allerdings die Beiordnung des Anwalts früher erfolgt als die Auftragserteilung, dann ist auf die Beiordnung abzustellen (§ 60 Abs. 1 S. 3 RVG) und ggfs. altes Recht anzuwenden. Das gilt dann auch für die entsprechende Wahlanwaltsvergütung (§ 60 Abs. 1 S. 5 RVG).
Beispiel
Im Dezember 2020 wurde Klage eingereicht. Der Mandant beauftragte daraufhin seinen Anwalt, die Verteidigungsbereitschaft anzuzeigen und Klageabweisung zu beantragen. Im Januar 2021 wird Prozesskostenhilfe beantragt und bewilligt. Der Anwalt wird beigeordnet.
Sowohl für die Wahlanwaltsvergütung als auch für die PKH-Vergütung ist das Datum der Auftragserteilung (Dezember 2020) maßgebend. Es ist durchweg nach altem Recht abzurechnen, also nicht nur für die Vergütungsansprüche gegen die Landeskasse, sondern auch für eine eventuelle Wahlanwaltsvergütung.
Das gilt auch bei vorgeschaltetem PKH-Antrag
Das gilt auch dann, wenn zunächst nur ein Antrag auf Bewilligung von PKH gestellt worden ist.
Beispiel
Der Mandant möchte Klage erheben und beauftragt den Anwalt im Dezember 2020, Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Klageverfahren zu beantragen. Im Januar 2021 wird Prozesskostenhilfe bewilligt, der Anwalt beigeordnet und Klageauftrag erteilt.
Maßgebend ist auch hier der unbedingte Auftrag zur Angelegenheit.
PKH-Verfahren zählt bereits zur Hauptsache
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bereits zur Angelegenheit der Hauptsache zählt (§ 16 Nr. 2 RVG). Es liegt daher nur eine einzige Angelegenheit vor. Der Auftrag zu dieser Angelegenheit ist im Dezember 2020 erteilt worden, sodass sowohl für die Wahlanwaltsvergütung als auch für die PKH-Vergütung altes Recht gilt.
Soweit hier häufig argumentiert wird, es liege ein unbedingter Auftrag für das PKH-Verfahren vor und ein bedingter Klageauftrag, ist dies zwar zutreffend, aber rechtlich unerheblich. Es handelt sich nämlich nicht um einen bedingten Auftrag zu einer neuen Angelegenheit (Klageerhebung), sondern um einen bedingten Auftrag innerhalb derselben Angelegenheit, da – wie bereits ausgeführt – das Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und das Verfahren, für das Prozesskostenhilfe beantragt wird, gem. § 16 Nr. 2 RVG dieselbe Angelegenheit darstellen.
Bei zukünftigen Angelegenheiten gilt abweichender Stichtag
Erstreckt sich die Beiordnung auch auf weitere zukünftige Angelegenheiten, kann es allerdings dazu führen, dass für die weitergehenden Angelegenheiten neues Recht gilt (§ 60 Abs. 1 S. 4 RVG).
Beispiel
Im Dezember 2020 war der Anwalt beauftragt worden, eine einstweilige Anordnung auf Unterhalt zu beantragen. Der Anwalt wird noch im Dezember 2020 im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe beigeordnet. Im Januar 2021 wird die einstweilige Anordnung erlassen Anschließend wird der Anwalt beauftragt, daraus zu vollstrecken.
Bei dem Vollstreckungsverfahren handelt es sich nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG um eine neue selbstständige Angelegenheit. Daher gelten hierfür bereits die neuen Gebührenbeträge. Zwar ist die Beiordnung für das Vollstreckungsverfahren bereits im Dezember erfolgt. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass sich die Beiordnung in einem einstweiligen Anordnungsverfahren gem. § 48 Abs. 2 S. 1 RVG auch auf die Vollziehung bzw. Vollstreckung der einstweiligen Anordnung erstreckt. Hier ist aber in § 60 Abs. 1 S. 4 RVG klargestellt, dass neues Recht anzuwenden ist, wenn die Beiordnung sich auf Angelegenheiten erstreckt, bei denen der Auftrag erst später erteilt wird.
Im einstweiligen An...