Einführung
Findet ein gerichtlicher Termin vor einem auswärtigen Gericht statt, so bestehen für Prozessbevollmächtigten und Mandanten grundsätzlich drei Möglichkeiten:
1
• |
Der Prozessbevollmächtigte reist zu dem auswärtigen Termin selbst an. |
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Für die Wahrnehmung des auswärtigen Termins beauftragt die Partei einen Terminsvertreter. |
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Der Anwalt beauftragt im eigenen Namen einen anderen Anwalt, der für ihn den Termin wahrnimmt. |
2
Beispiel
Partei und Anwalt haben ihren Sitz in München. Der Rechtsstreit (Streitwert: 6.000,00 EUR) findet vor dem LG Frankfurt statt.
a) Der Anwalt fährt mit seinem Pkw von München nach Frankfurt zum Termin und zurück (einfache Fahrt: 392 km). Er zahlt Parkgebühren in Höhe von 5,00 EUR. Die gesamte Reise dauert mehr als 8 Stunden.
b) Die Partei beauftragt für den Rechtsstreit vor dem LG Frankfurt einen Terminsvertreter aus Frankfurt.
c) Der Prozessbevollmächtigte beauftragt im eigenen Namen einen Frankfurter Anwalt und vereinbart mit ihm für die Terminswahrnehmung ein Pauschalhonorar i.H.v. von 300,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer.
I. Terminswahrnehmung durch Prozessbevollmächtigten
Reisekosten bei eigner Terminswahrnehmung
Nimmt der Prozessbevollmächtigte selbst an dem auswärtigen Termin teil (Beispiel, Fall a), so entstehen für ihn neben den Gebühren der Nrn. 3100 ff. VV Reisekosten nach den Nrn. 7003 ff. VV, also in der Regel Fahrtkosten für die Benutzung des eigenen Pkws oder die Kosten eines öffentlichen Verkehrsmittels (Nr. 7003 VV), ein Tage- und Abwesenheitsgeld (Nr. 7005 VV) sowie sonstige Kosten wie z.B. Parkgebühren (Nr. 7006 VV).
Wichtig
Die Parkgebühren dürfen nur in Höhe des Nettobetrags eingesetzt werden, da der Anwalt zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Die Umsatzsteuer ist erst gem. Nr. 7008 VV einheitlich auf die gesamte Netto-Vergütung zu erheben (BGH AGS 2012, 268 = AnwBl 2012, 664 = zfs 2012, 463 = RVGreport 2012, 266).
Zu rechnen ist danach im Beispiel, Fall a), wie folgt:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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460,20 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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424,80 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
4. |
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV, 2 x 392 km x 0,30 EUR |
|
235,20 EUR |
5. |
Tage- und Abwesenheitsgeld, Nr. 7005 Nr. 1 VV |
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70,00 EUR |
6. |
Parkgebühren, Nr. 7006 VV |
|
4,20 EUR |
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Zwischensumme |
1.214,40 EUR |
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7. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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230,74 EUR |
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Gesamt |
|
1.445,14 EUR |
Reisekosten sind grundsätzlich erstattungsfähig
Diese Kosten sind auch zu erstatten, da eine Partei grundsätzlich das Recht hat, einen Anwalt an ihrem Sitz oder Wohnsitz zu beauftragen und ihn zum Termin anreisen zu lassen (std. Rspr. seit BGH AGS 2003, 97 = AnwBl 2003, 309 = NJW 2003, 898 = BRAGOreport 2003, 13).
Keine Begrenzung auf Kosten eines Terminsvertreters
Eine Begrenzung der erstattungsfähigen Kosten auf die fiktiven Kosten eines Terminsvertreters ist nicht vorgesehen (BGH NJW-RR 2005, 1662 = AnwBl 2005, 792 = RVGreport 2005, 476; BGH AGS 2008, 204 = AnwBl 2008, 215 = RVGreport 2008, 112).
II. Einschaltung eines Terminsvertreters durch die Partei
Terminsvertreter rechnet nach Nrn. 3401 VV ff. ab
Beauftragt die Partei einen Terminsvertreter, so erhält dieser die Vergütung nach den Nrn. 3401, 3402 VV, also die Hälfte der Verfahrensgebühr des Hauptbevollmächtigten, erstinstanzlich somit eine 0,65-Verfahrensgebühr nach Nrn. 3401, 3100 VV sowie die volle Terminsgebühr nach Nrn. 3402, 3104 VV.
Der Hauptbevollmächtigte erhält grundsätzlich nur die Verfahrensgebühr der Nr. 3100 VV. Eine Terminsgebühr entsteht für ihn in der Regel nicht, wäre aber möglich, wenn auch er an einem Termin (z.B. Beweistermin) teilnimmt oder eine Besprechung mit dem Gegner führt.
Im Beispiel, Fall b) ergibt sich damit folgende Berechnung:
I. Hauptbevollmächtigter
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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460,20 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
480,20 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
91,24 EUR |
|
Gesamt |
|
571,44 EUR |
II. Terminsvertreter
1. |
0,65-Verfahrensgebühr, Nrn. 3401, 3100 VV |
|
230,10 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nrn. 3402, 3104 VV |
|
424,80 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
674,90 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
128,23 EUR |
|
Gesamt |
|
803,13 EUR |
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Gesamt I. + II. |
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1.374,57 EUR |
Erstattung bis zur Höhe der Reisekosten
Diese Kosten eines Terminsvertreters sind erstattungsfähig, soweit sie die fiktiven Reisekosten nicht wesentlich übersteigen, die entstanden wären, wenn der Prozessbevollmächtigte den Termin selbst wahrgenommen hätte (s.o. I). Als wesentlich wird erst eine Überschreitung von mehr als 10 % angenommen (BGH AGS 2012, 452 = NJW 2012, 2888 = AnwBl 2012, 850 = RVGreport 2012, 423).
Die Mehrkosten der Einschaltung des Terminsvertreters betragen (230,10 EUR + 20,00 EUR zuzüglich 19 % Umsatzsteuer =) 297,62 EUR.
Die (fiktiven) Reisekosten des Anwalts betragen (s.o.: 309,40 EUR zuzüglich 19 % Umsatzsteuer, 58,79 EUR =) 368,19 EUR. Zuzüglich des Aufschlags von 10 % (36,82 EUR) ergibt dies 405,01 EUR.
Damit übersteigen die Mehrkosten des Terminsvertreters nicht die Kosten einer eigenen Reise des Prozessbevollmächtigten und sind somit erstattungsf...