Die Kläger rügen mit Recht, dass das LG bei der Kostenfestsetzung die gem. Nr. 1008 VV auf einen Satz von 2,8 erhöhte Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) angerechnet hat, anstatt sie nach den Vorgaben der Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV nur mit einem Gebührensatz von 0,75 anzurechnen.
1. Zutreffend ist das LG allerdings davon ausgegangen, dass dem Anwalt der sechs Kläger eine gem. Nr. 1008 VV um 1,5 erhöhte Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) neben der ebenfalls gem. Nr. 1008 VV um 1,5 erhöhten Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) erwachsen ist (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl. 2008, Nr. 1008 VV Rn 6; Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, 2. Aufl. 2007, 420; Schneider, AGS 2006, 528 ff.; Enders, JurBüro 2005, 449, 450; LG Düsseldorf MDR 2007, 1164). Verdient ein Rechtsanwalt, der mehrere Auftraggeber zunächst außergerichtlich und anschließend im Prozess vertritt, nacheinander eine Geschäfts- und eine Verfahrensgebühr, so sind beide Gebühren nach Nr. 1008 VV zu erhöhen. Nichts anderes folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift, wonach sich bei mehreren Auftraggebern in derselben Angelegenheit die Verfahrens- oder die Geschäftsgebühr erhöht. Die Verwendung des Wortes „oder“ erklärt sich daraus, dass in derselben Angelegenheit nur die eine oder die andere Gebühr erwachsen kann.
2. Entgegen der Auffassung des LG ist aber auf die geltend gemachte (erhöhte) Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) die erhöhte Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) nur mit einem Satz von 0,75 anzurechnen.
Nach den Vorgaben der Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV wird die Geschäftsgebühr nach den Nrn. 2300 bis 2303 VV, soweit sie wegen desselben Gegenstandes entsteht, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 angerechnet. In der Lit. ist umstritten, zu welchem Ergebnis diese Anrechnungsvorschrift bei der nach Nr. 1008 VV erhöhten Geschäftsgebühr führt.
a) Zum Teil wird die Auffassung vertreten, die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV werde von dieser Anrechnungsvorschrift nicht erfasst (Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., Vorbem. 3 Rn 87; Mock, RVG-Berater 2004, 87, 88 f.). Nr. 1008 VV stelle einen eigenen Gebührentatbestand dar, der in der Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV nicht erwähnt werde.
b) Andere verlangen gleichfalls eine gesonderte Behandlung der Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV, wollen aber die Gebührenerhöhung analog der Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV zur Hälfte, also mit 0,15 pro weiteren Auftraggeber anrechnen (Hergenröder, AGS 2007, 53, 55; AGS 2005, 275; RVGreport 2004, 363; N. Schneider, Das neue Gebührenrecht für Anwälte, § 14 Rn 58 ff., zitiert nach AnwK-RVG/Onderka/N. Schneider, 3. Aufl., Vorbem. 3 Rn 206). Ansonsten könnte ein Anwalt aus Gebührengründen dazu verleitet sein, eine Streitsache gerichtlich auszutragen. Damit werde aber das Ziel des Gesetzgebers verfehlt, der bei der Konzeption des RVG auf eine Entlastung der Justiz bedacht gewesen sei.
c) Im Gegensatz zu diesen Meinungen wird überwiegend der Standpunkt vertreten, die erhöhte Geschäftsgebühr sei auch bei der Anrechnung nach der Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV höchstens mit einem Satz von 0,75 zu berücksichtigen (Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, a.a.O., Nr. 1008 Rn 256 ff.; Bischof, RVG, 2. Aufl., Nr. 1008 Rn 93; Hansens/Braun/Schneider, a.a.O., Teil 8, Rn 139; Hansens, RVGreport 2004, 96; Enders, JurBüro 2005, 449, 450; LG Düsseldorf MDR 2007, 1164). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an.
Die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV stellt keine eigenständige Gebühr dar (Senat JurBüro 2007, 543 zu Nr. 2503 VV [= AGS 2007, 466]). Zwar wird Teil 1 des RVG (Nrn. 1000 bis 1009 VV) mit der Vorbem. 1 VV eingeleitet, dass die Gebühren dieses Teils neben den in anderen Teilen bestimmten Gebühren entstehen. Diese allgemeine Bestimmung wird aber durch die speziellere Regelung der Nr. 1008 VV verdrängt, wonach sich die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr „erhöht“, wenn der Anwalt in derselben Angelegenheit mehrere Auftraggeber hat. Diese Formulierung lässt erkennen, dass auch die erhöhte Geschäfts- oder Verfahrensgebühr eine einheitliche Gebühr darstellt (Bischof, a.a.O., Nr. 1008 VV Rn 93; Enders, JurBüro 2005, 449, 450). Es kommt lediglich zur Erhöhung der jeweiligen Gebühr und nicht zur Begründung einer neuen, eigenständig zu behandelnden Gebühr.
Die erhöhte Geschäftsgebühr unterliegt den Vorgaben der Vorbem. 3 Abs. 4 VV. Sie ist daher zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr anzurechnen, jedoch höchstens mit 0,75 zu berücksichtigen. Auch wenn dies bei einer üblichen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV von 1,3 regelmäßig dazu führt, dass die Erhöhung der Gebühr aufgrund der Nr. 1008 VV bei der Anrechnung nur zu einem kleinen Teil berücksichtigt und damit im Ergebnis zweimal gewährt wird, entspricht dies der gesetzlich vorgeschriebenen Anrechnung (LG Düsseldorf MDR 2007, 1164). Für eine Erhöhung der maximal anzurechnenden Gebühr lässt das Gesetz keinen Raum. Der Wortlaut des Gesetzes ist eindeutig. Insbesond...