1. Vorliegend ist eine Geschäftsgebühr angefallen für die vorgerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Beklagten. Diese waren bereits vorprozessual für die Beklagte tätig, wie deren Schreiben an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin belegt. Dass die streitgegenständliche Forderung an die Klägerin abgetreten wurde, hat keinen Einfluss auf die im Verhältnis zwischen der Beklagten und ihren Prozessbevollmächtigten bereits entstandene Geschäftsgebühr. Aufgrund eines Gläubigerwechsels auf Seiten des Gegners fällt keine erneute Geschäftsgebühr an (vgl. auch Hartmann, KostG, 39. Aufl., RVG § 15 Rn 41 "Parteiwechsel"). Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten waren nach wie vor in derselben, vom ursprünglichen Auftrag zur Anspruchsabwehr umfassten Angelegenheit tätig. Hierfür ist – mangels gegenteiliger Anhaltspunkte – eine Geschäftsgebühr i.H.v. 1,3 angefallen. Nach der amtlichen Anmerkung darf eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.
2. Die Geschäftsgebühr ist nach der Anrechnungsvorschrift Vorbem. 3 Abs. 4 auf die im nachfolgenden Prozess angefallene Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV zur Hälfte, hier also i.H.v. 0,65, anzurechnen.
Der Klägerin ist es nicht verwehrt, sich im Kostenfestsetzungsverfahren gegenüber der Beklagten auf die Anrechnung zu berufen. Dem steht der aufgrund Art. 7 Abs. 4 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht v. 30.7.2009 (BGBl I S. 2449) mit Wirkung zum 5.8.2009 neu eingefügte § 15a Abs. 2 RVG nicht entgegen. Dieser lässt zwar die Berufung auf die Anrechnung nur in den dort genannten drei aufgeführten Alternativen zu (Erfüllung oder Titulierung eines der beiden Gebührenansprüche oder Geltendmachung beider Gebührenansprüche im selben Verfahren), die hier nicht gegeben sind. § 15a RVG ist jedoch auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Dies folgt mangels spezieller Übergangsnorm zur Einfügung des § 15a RVG aus § 60 Abs. 1 RVG. Danach ist die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der anwaltliche Auftrag – wie hier – vor dem Inkrafttreten der Änderung erteilt worden ist.
a) Durch § 15a RVG ist die bisherige Gesetzeslage geändert – und nicht lediglich klargestellt – worden. Er wurde als neue, eigenständige Vorschrift formuliert und in das Gesetz eingefügt und bewirkt auch inhaltlich eine Änderung des bisher geltenden Rechts.
aa) Vor Einfügung des § 15a RVG war die Anrechnung über die Regelung in Vorbem. 3 Abs. 4 VV hinaus nicht näher definiert. Insbesondere gab es keine Regelung, inwieweit Dritte sich auf die im Innenverhältnis zwischen Mandant und Anwalt vorzunehmende Anrechnung berufen können. Daher hat der BGH und ihm folgend die herrschende Rechtsprechung im Wege der Auslegung mehrfach entschieden: Sofern nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV eine wegen desselben Gegenstandes entstandene Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen ist, vermindert sich nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr; die Verfahrensgebühr entsteht wegen der in Vorbem. 3 Abs. 4 VV vorgesehenen Anrechnung von vornherein nur in gekürzter Höhe (vgl. BGH v. 7.3.2007 – VIII ZR 86/06, NJW 2007, 2049 [= AGS 2007, 283]; v. 14.3.2009 – VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050 [= AGS 2007, 289]; v. 11.7.2007 – VIII ZR 310/06, NJW 2007, 3500 [= AGS 2008, 41]; v. 22.1.2008 – VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323 [= AGS 2008, 158]; v. 25.9.2008 – IX ZR 133/07, NJW 2008, 3641). Nach der Rspr. des VIII., des III. und des I. ZS ist diese Anrechnungsregel auch im Außenverhältnis zum Prozessgegner im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 104 f. ZPO zu beachten, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die vom Prozessgegner auf materiell-rechtlicher Grundlage zu erstattende Geschäftsgebühr unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder sogar schon beglichen ist (vgl. BGH v. 22.1.2008 – VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323; v. 30.4.2008 – III ZB 8/08, JurBüro 2008, 414 [= AGS 2008, 364]; v. 2.10.2008 – I ZB 30/08, WRP 2009, 75). Dieser Rechtsauffassung hat sich der Senat mit Beschl. v. 2.10.2008 – I-10 W 58/08 angeschlossen und vertritt sie seither in ständiger Rspr. (vgl. auch Beschl. v. 27.1.2009 – I-10 W 120/08; 19.2.2009 – I-10 W 141/08; 21.7.2009 – I-10 W 46/09; 21.7.2009 – I-10 W 49/09).
bb) Mit Schaffung des § 15a RVG wird – ausweislich der Gesetzesbegründung – der bisher nicht definierte Begriff der Anrechnung inhaltlich bestimmt. Die Vorschrift regelt in Abs. 1, welche Wirkungen der Anrechnung im Verhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und dem Auftraggeber zukommen. Abs. 2 betrifft die Wirkungen der Anrechnung im Verhältnis zu Dritten, die nicht am Mandatsverhältnis beteiligt sind, sondern etwa für entstandene Gebühren Schadensersatz zu leisten oder sie nach prozessrechtlichen Vorschriften zu erstatten haben. Danach bewirkt die Anrechnung im Innenverhältnis, dass der Anwalt beide Gebühren geltend mache...